Was ist eigentlich Liquidität? Alles zu Definition, Grade und Formeln

Für Unternehmen ist es existenziell, über ausreichend Liquidität zu verfügen. Wenn die liquiden Mittel zu knapp werden, ist das Unternehmen akut insolvenzgefährdet. Umso wichtiger ist es, dass das Liquiditätsmanagement die vorhandenen Mittel so plant und steuert, dass das Unternehmen immer zahlungsfähig ist. Doch was heißt Liquidität eigentlich? Und wie kann Liquidität berechnet werden?
Liquidität: Definition
Was ist unter dem Begriff Liquidität bei Unternehmen zu verstehen? Das Gabler Wirtschaftslexikon gibt herfür folgende Definition: „Liquidität ist die Ausstattung an Zahlungsmitteln, die für Investitions- und Konsumauszahlungen und zur Befriedigung von Zahlungsverpflichtungen zur Verfügung stehen.“
Liquidität: Synonym
Ein Unternehmen, dass zahlungsfähig ist, verfügt also über entsprechende Zahlungsmittel. Umgekehrt: Wenn keine entsprechenden Mittel vorhanden sind und das Unternehmen seinen Zahlungsverpflichtungen nicht mehr nachkommen kann, dann ist das Unternehmen (zumindest vorübergehend) zahlungsunfähig.
Nicht umsonst wird bei dem Begriff Liquidität auch oft von der Zahlungsfähigkeit des Unternehmens gesprochen oder von der Solvenz.
Bedeutung von Liquidität für Unternehmen einfach erklärt
Liquidität spricht für eine wirtschaftliche Stabilität. Wer über Mittel verfügt, kann investieren und bleibt handlungsfähig. Wer über ausreichend Liquidität verfügt, hat auch bei Kreditwürdigkeitsprüfungen eine gute Ausgangsposition und kann damit beispielsweise die Finanzierung neuer Investitionsprojekte sicherstellen. Das kann ein Wettbewerbsvorteil sein.
Für Unternehmen ist es existenziell wichtig, jederzeit zahlungsfähig zu sein. Eine Liquiditätskrise führt in vielen Fällen auch in eine ernstzunehmende Unternehmenskrise. Wenn ein Unternehmen nicht mehr liquide ist, seinen Zahlungsverpflichtungen also nicht mehr nachkommen kann, dann ergeben sich verschiedene rechtliche (insbesondere auch haftungsrechtliche) Folgen.
Zahlungsunfähigkeit ist ein Insolvenzgrund. Für das Unternehmen muss dann also der Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens gestellt werden (vgl. hierzu auch § 17 Insolvenzordnung). Aber Achtung: Eine kurze Zahlungsstockung löst beispielsweise noch keine Insolvenz aus. Hier müssen juristische Feinheiten beachtet werden. Es liegt jedoch auf der Hand, dass Unternehmen unbedingt vermeiden sollten, in eine mögliche Zahlungsunfähigkeit zu rutschen.
Liquidität berechnen
Wie kann überhaupt beurteilt werden, wie es um die Liquidität eines Unternehmens bestellt ist? Ein Blick auf das Bankkonto reicht hier nicht aus. Es sind Berechnungen anzustellen, die verschiedene Aspekte der Finanzlage berücksichtigen. Das Liquiditätsmanagement sollte deshalb aktiv bestimmte Berechnungen vornehmen und Liquiditätskennzahlen ermitteln. Die Liquidität muss jederzeit sichergestellt werden – entsprechend muss das Liquiditätsmanagement auch immer Blick behalten, wie die aktuelle Finanzierungssituation sich gestaltet, um ggf. frühzeitig Maßnahmen ergreifen zu können.

Liquidität: Kennzahlen
Bei den Kennzahlen sind drei Liquiditätskennzahlen hervorzuheben, die für das Liquiditätsmanagement und die Liquiditätsplanung besonders wichtig sind:
*- Liquidität 1. Grades (auch Cash Ratio genannt)
- Liquidität 2. Grades (auch Quick Ratio genannt)
- Liquidität 3. Grades (auch Working Capital Ratio oder Current Ratio genannt). *
Doch wie werden diese Kennzahlen berechnet?
Liquidität 1. Grades
Mit der Liquidität 1. Grades soll eine Aussage darüber getroffen werden, wie zahlungsfähig das Unternehmen ist. Dazu werden die liquiden Mittel (zum Beispiel Kasse, Bank, Schecks) und die kurzfristigen Verbindlichkeiten (Verbindlichkeiten mit einer Restlaufzeit von weniger als einem Jahr und nicht langfristige Rückstellungen) ins Verhältnis gesetzt.
Die Formel lautet also:
Liquide Mittel / kurzfristige Verbindlichkeiten × 100
Vereinfacht gesagt: Wenn die Liquidität über 100 % liegt, kann das Unternehmen seinen kurzfristigen Verbindlichkeiten komplett durch seine liquiden Mittel nachkommen.
Nach herrschender Meinung wird das aber nicht empfohlen: Ein Unternehmen soll seine liquiden Mittel schließlich gewinnbringend verwenden und investieren. Allerdings Achtung: Rentabilität um jeden Preis ist mit Vorsicht zu genießen. Mit etwas weniger Rentabilität muss ein Unternehmen nicht unbedingt existenzgefährdet sein – mit zu wenig Liquidität ist es jedoch definitiv in erheblichen Schwierigkeiten.
Wenn die Liquidität bei dieser Kennzahl also nicht bei über 100 % liegt, muss keine Zahlungsunfähigkeit vorliegen. Bestehen beispielsweise kurzfristige Forderungen, die auch zeitnah beglichen werden, dann können diese die Liquiditätssituation bereits vollkommen verändern. Deshalb sollte auch die nächste Kennzahl betrachtet werden: Die Liquidität 2. Grades.
Liquidität 2. Grades
Auch mit der Liquidität 2. Grades kann eine Aussage zur Zahlungsfähigkeit eines Unternehmens getroffen werden. Allerdings werden nicht nur die liquiden Mittel, sondern auch die kurzfristigen Forderungen miteinbezogen. Die Formel lautet also:
(Liquide Mittel + kurzfristige Forderungen) / kurzfristige Verbindlichkeiten × 100
Liegt das Ergebnis > 100 % kann das Unternehmen seinen Zahlungsverpflichtungen mit den liquiden Mitteln und kurzfristigen Forderungen nachkommen. Das Ergebnis sollte also nicht unter 100 % liegen.
Liquidität 3. Grades
Bei der Liquidität 3. Grades wird das Umlaufvermögen mit den kurzfristigen Verbindlichkeiten ins Verhältnis gesetzt. Die Formel lautet also:
*Umlaufvermögen / kurzfristige Verbindlichkeiten x 100 *
Mit dieser Kennzahl wird ermittelt, welcher Anteil der kurzfristigen Verbindlichkeiten durch Mittel des Umlaufvermögens finanziert werden könnten.
Die Kennzahl könnte mit anderen Worten die Frage beantworten: Wenn Vorräte kurzfristig veräußert werden müssen, würden diese ausreichen, um die kurzfristigen Verbindlichkeiten zu bedienen?
Empfohlene Richtwerte bei den Liquiditätskennzahlen
Das Liquiditätsmanagement sollte vor allem bei diesen drei Kennzahlen darauf achten, dass sich keine unerwünschten Entwicklungen ergeben. Wenn hier bereits abzusehen ist, dass das Unternehmen beispielsweise in eine Zahlungsunfähigkeit rutschen könnte, dann ist Handlungsbedarf gegeben. Bei den Liquiditätskennzahlen gelten nach herrschender Meinung als Faustregel folgende Richtwerte:
- Liquidität 1. Grades: ca. 20 %
- Liquidität 2. Grades: 100 %
- Liquidität 3. Grades: 200 %
Weichen die Kennzahlen eines Unternehmens von diesen Richtwerten deutlich ab, dann muss untersucht werden, woran das liegt. Voraussetzung dafür ist jedoch auch, dass das Liquiditätsmanagement aktiv und nicht reaktiv handelt.
Auch für mögliche Investoren sind diese Kennzahlen interessant, um einen Eindruck zum Management des Unternehmens zu gewinnen: Vor allem, wenn mehrere Jahre betrachtet und verglichen werden, können enorme Veränderungen darauf hinweisen, dass das Liquiditätsmanagement hier kein konkretes Konzept verfolgt hat. Ausnahmen bilden natürlich (vor allem branchenabhängig) außergewöhnliche Wirtschaftsjahre, wie beispielsweise während der Corona-Pandemie.
Sind die Werte hingegen grundsätzlich einigermaßen gleichbleibend, dann kann das für ein aktives Liquiditätsmanagement sprechen. Die drei Liquiditätskennzahlen allein liefern allerdings noch kein umfassendes Bild zum Management und der wirtschaftlichen Situation eines Unternehmens.
Liquiditätsmanagement muss aktiv sein
Die Liquiditätskennzahlen können bereits einen guten Einblick geben, wie es um die Liquiditätssituation eines Unternehmens steht. Allerdings hängt die Aussagekraft der Kennzahlen auch von der Datenqualität ab. Wenn die erforderlichen Berechnungsdaten aus einer Bilanz abgeleitet wurden, die vor Monaten erstellt wurde, dann kann die Realität das Ergebnis bereits längst überholt haben. Die Kennzahlen sind dann kaum noch aussagekräftig. Mehr noch: Das Liquiditätsmanagement hat im schlimmsten Fall keinen ausreichenden Überblick zur aktuellen Liquiditätssituation.
Wichtig ist daher, dass das Liquiditätsmanagement aktiv vorgeht und im Idealfall mit Echtzeitdaten arbeitet. Nur dann macht es auch Sinn, beispielsweise Szenarien zu modellieren, eine Liquiditätsplanung zu erstellen oder auch frühzeitig mögliche Liquiditätsengpässe zu vermeiden.
Beispiel: Wird zu viel Kapital in den Vorräten gebunden, kann das die Liquidität eines Unternehmens stark belasten. Ein zu großer Vorratsbestand verursacht auch Kosten. Doch durch einen zeitnahen Verkauf von Vorräten können liquide Mittel freigesetzt und gewinnbringend eingesetzt werden. |
Wenn das Liquiditätsmanagement erst aktiv wird, wenn bereits eine Liquiditätskrise eingetreten ist, kann es bereits zu spät sein.
Hinweis: Eine Kennzahl reicht für eine umfassende Analyse, wie es um ein Unternehmen steht, nicht aus. |
