Was ist eigentlich Free Cash Flow? Zur Definition, Berechnung und Formel

Der Free Cash Flow wird in vielen Unternehmen nicht immer regelmäßig überwacht. Dabei handelt es sich um eine Berechnungsgröße, die für verschiedene Adressaten von großem Interesse ist. So wird beispielsweise immer wieder irrtümlich angenommen, dass der Jahresüberschuss eines Unternehmens darüber Aufschluss gibt, wie viele Dividenden ausgeschüttet werden können. Ein Unternehmen kann jedoch - trotz eines erzielten Jahresüberschusses in der Bilanz - bereits Liquiditätsengpässe haben. Der Free Cash Flow kann sowohl für Geschäftsführer:innen als auch Investoren oder Kreditgeber interessante Informationen zur Liquiditätssituation eines Unternehmens liefern.
Free Cash Flow: Definition
Der Free Cash Flow wird häufig auch als freier Cash Flow oder freier Geldstrom bezeichnet. Für die Liquiditätsplanung handelt es sich um eine wichtige Berechnungsgröße. Der Free Cash Flow gibt Aufschluss zur Dividendenfähigkeit und den vorhandenen Mitteln zur Rückführung von Fremdkapital. Wenn ein Unternehmen beispielsweise einen Kredit beantragen will, stellt sich die Frage, ob zur Rückführung des Kredits überhaupt ausreichend liquide Mittel vorhanden sind. Der Free Cash Flow kann hierzu hilfreiche Informationen liefern.

Free Cash Flow: Formel
Vereinfacht gesagt, ergibt sich der frei verfügbare Cash Flow aus dem Cash Flow aus operativer Geschäftstätigkeit und dem Cash Flow aus Investitionstätigkeit. In der Praxis ist also folgende Formel verbreitet:
Operativer Cash Flow + Cash Flow aus Investitionstätigkeit = Free Cash Flow
Free Cash Flow: Berechnung
Es gibt keine einheitliche Vorgabe, wie der Free Cash Flow zu berechnen ist. Manch ein Unternehmen wendet hier sehr komplexe Berechnungen an, andere Unternehmen bleiben bei einfachen Berechnungsmodellen. Der Internationale Controller Verein (ICV) gab im Controllingwiki für folgende Berechnungsmethode sein Prüfsiegel:
EBIT
(- Steuern)
(+ Abschreibungen)
(+ Erhöhung langfristiger Rückstellungen)
(- Zahlungswirksame Verringerung langfristiger Rückstellungen)
(- Gewinn aus Abgang des Sachanlagevermögens)
(+ Verlust aus Abgang des Sachanlagevermögens)
(- Erhöhung Working Capital)
(+ Verringerung Working Capital)
= Cash Flow aus operativer Geschäftsfähigkeit
(- (Netto-)Auszahlungen für Investitionen in Sachanlagen (auch Capex genannt))
= Free Cash Flow

Verschiedene Modelle einfach erklärt
Bei der detaillierten Berechnung des Free Cash Flows werden häufig zwei Modelle angeführt:
- Free Cash Flow Equity-Modell
- Free Cash Flow-to-Firm-Modell
Welches Modell zum Einsatz kommt, hängt davon ab, zu welchem Zweck der Free Cash Flow ermittelt wird.
Das Free Cash Flow Equity-Modell ermittelt die frei verfügbaren Mittel nach Bezahlung der Fremdkapitalgeberansprüche und wird häufig auch als Free Cashflow-Nettomodell bezeichnet.
Das Free Cash Flow-to-Firm-Modell ermittelt die freien Geldströme sowohl für Eigenkapital- als auch Fremdkapitalgeber. Das sog. Bruttomodell gilt in der Praxis als aufwendiger und komplexer.
Geschäftsbericht, Prognosen und Planungen
Der freie Cash Flow wird bei kapitalmarktorientierten Unternehmen häufig bereits auf der Unternehmenswebseite bei den Informationen zum Geschäftsbericht ausgewiesen. Die Angabe stößt vor allem bei Fremdkapitalgebern und potenziellen Investoren/Aktionäre auf Interesse, da dieser Wert kaum durch Bilanzgestaltungen geschönt oder gar manipuliert werden kann.
Allerdings bildet der Free Cash Flow für sich auch nicht die einzige Wahrheit, denn gerade wenn dieser für langfristige Planungen berechnet wird, können natürlich Daten von den realen Entwicklungen überholt werden und ungenau sein. Der Planungshorizont hat also auch bei der Cash Flow-Planung Einfluss auf die Prognosegenauigkeit.
Bedeutung des freien Cash Flows
Eigen- und Fremdkapitalgeber
Der Free Cash Flow wird in vielen Geschäftsberichten prominent ausgewiesen. Warum? Wie schon beschrieben, wird berechnet, wie viele Mittel ein Unternehmen hat, um Ausschüttungen zu leisten. Für mögliche Investoren ist das also eine wichtige Information, denn der Free Cash Flow weist darauf hin, wie viel Rendite eine mögliche Investition in das Unternehmen erzielen kann. Aktionäre achten deshalb verstärkt auf diese Information im Geschäftsbericht.
Unternehmensbewertung
Der Free Cash Flow kann auch bei einer Unternehmensbewertung relevant sein. Gerade bei einem anstehenden Unternehmenskauf oder -verkauf können unterschiedliche Bewertungsmethoden zum Einsatz kommen. Je nach Methode ist auch der Free Cash Flow zu ermitteln – und beeinflusst damit ggf. auch die Kaufpreisverhandlung wesentlich.
So hat sich beispielsweise die Discounted-Cash Flow-Methode (DCF-Methode) als beliebtes Standardverfahren bewährt. Eine wichtige Basisgröße bei dieser Methode ist der Free Cash Flow.
Kreditwürdigkeitsprüfungen und Liquiditätsplanung
Für das Liquiditätsmanagement eines Unternehmens ist der Free Cash Flow jedoch noch aus einem anderen Grund von großer Bedeutung: Gerade vor der Aufnahme eines Kredits sollte das Unternehmen sich bereits kritisch mit dem Free Cash Flow auseinandersetzen. Wenn beispielsweise bekannt ist, dass der Free Cash Flow bei 150.000 € liegt – dann können mögliche neue Kreditaufnahmen und daraus folgende Tilgungen entsprechend geplant werden. Auch die Bank wird dies prüfen, denn der Free Cash Flow weist darauf hin, inwiefern ein Unternehmen Zinsaufwendungen, Tilgungen usw. leisten kann. Mit anderen Worten: Der Free Cash Flow ist für die Beurteilung der Kreditwürdigkeit eines Unternehmens ein wichtiges Indiz.
Liquiditätsmanagement und Maßnahmen zur Verbesserung
Negativer Free Cash Flow
Es liegt auf der Hand, dass ein Unternehmen bei der Kreditwürdigkeitsprüfung möglichst gut abschneiden will. Ergibt die Berechnung einen negativen Free Cash Flow, zeigt dies, dass (zumindest kurzfristig) liquide Mittel fehlen. Das Liquiditätsmanagement muss alarmiert sein.
Je nach Situation müssen Kredite aufgenommen werden, die in der Regel jedoch dann mit hohen Zinsaufwendungen verbunden sind. Und im schlimmsten Fall wird ein Kreditantrag abgelehnt. Ein negativer Free Cash Flow kann auch bereits auf eine ernstzunehmende Unternehmenskrise hinweisen, die in eine Insolvenz führen kann.
Free Cash Flow optimieren
Das Liquiditätsmanagement sollte den Free Cash Flow regelmäßig im Blick behalten. Für die Liquiditätsplanung ist das nicht zu unterschätzen. Gerade, wenn neue Investoren überzeugt werden sollen oder Gespräche mit der Hausbank anstehen, spielt der freie Cash Flow eine große Rolle. Ein negativer Free Cash Flow stößt meist nicht gerade auf positive Reaktionen, kann jedoch gerade bei hohen Investitionen in einem Jahr entstehen. Doch langfristig können Maßnahmen zur Cash Flow-Planung ergriffen werden, um hier ein verbessertes Ergebnis zu erzielen, beispielsweise:
- Forderungsmanagement optimieren: Werden die Rechnungen von Ihren Kund:innen pünktlich beglichen? Sind die Zahlungsziele realistisch gesetzt oder sollten die Fristen verkürzt werden?
- Könnte Factoring eine Alternative sein, um Forderungsausfälle zu vermeiden?
- Investitionen planen: Steht der Erwerb von neuen Anlagegegenständen an? Wann wäre der ideale Investitionszeitpunkt? Wäre Leasing eine Alternative, um hohe Anschaffungskosten zu vermeiden (aber Achtung: Leasinggebühren!)?
- Können nicht mehr benötigte Anlagegegenstände veräußert werden?
- Working Capital Management: Kann das Working Capital optimiert werden, beispielsweise bei der Vorratspolitik?