Was ist unter einer kurzfristigen Liquidität zu verstehen?

Die kurzfristige Liquidität gibt an, wie gut ein Unternehmen in der Lage ist seine kurzfristigen Verbindlichkeiten mit seinem kompletten Umlaufvermögen, bzw. Teilen daraus zu decken. Wir zeigen Ihnen hier, was man unter kurzfristiger Liquidität versteht, welche Kennzahlen es gibt und wie Unternehmen sie verbessern können.
Kurzfristige Liquidität: Definition
Als kurzfristige Liquidität bezeichnet man die finanziellen Mittel, die einem Unternehmen in weniger als einem Jahr zur Verfügung stehen. Sie sind dafür vorgesehen, die kurzfristigen Verbindlichkeiten zu decken, welche ebenfalls spätestens innerhalb eines Jahres bezahlt werden müssen.

Die Mittel der kurzfristigen Liquidität lassen sich in drei unterschiedliche Klassen einteilen, welche sich unterschiedlich schnell in Liquidität umwandeln lassen:
- Liquide Mittel: Kontoguthaben, Barbestände, Schecks, schnell veräußerbare Wertpapiere (z.B. Aktien)
- Kurzfristige Forderungen: Noch nicht bezahlte Kundenrechnungen aus Lieferungen und Leistungen, Vermietungen
- Vorräte: Warenbestände, fertige und unfertige Erzeugnisse
In der Summe stellen die oben drei Liquiditätsklassen das Umlaufvermögen eines Unternehmens dar.
Kurzfristige Liquidität berechnen
Zur Berechnung der kurzfristigen Liquidität gibt es verschiedene Formeln, in welchen die unterschiedlichen Liquiditätsklassen den kurzfristigen Verbindlichkeiten gegenübergestellt werden. Diese Kennzahlen nennt man Liquiditätsgrad 1., 2. und 3. Ordnung.

Liquiditätsgrad 1. Ordnung
Der Liquiditätsgrad 1. Ordnung gibt die Barliquidität an. In ihm stellt man lediglich die liquiden Mittel den kurzfristigen Verbindlichkeiten gegenüber:
Barliquidität = Liquide Mittel / Kurzfristige Verbindlichkeiten x 100
Das Ergebnis in Prozent gibt das Deckungsverhältnis an, wenn zum Tilgen der kurzfristigen Verbindlichkeiten lediglich die liquiden Mittel genutzt werden würden.
Liquiditätsgrad 2. Ordnung
Beim Liquiditätsgrad 2. Ordnung spricht man auch von kurzfristiger Liquidität. In die Berechnung fließen sowohl die liquiden Mittel als auch die kurzfristigen Forderungen mit ein: Kurzfristige Liquidität = (Liquide Mittel + Kurzfristige Forderungen) / Kurzfristige Verbindlichkeiten x 100
Solide wirtschaftende Unternehmen weisen eine kurzfristige Liquidität von mindestens 100% auf. Das bedeutet, dass sie in der Lage sind, alle ihre kurzfristigen Verbindlichkeiten durch die liquiden Mittel und kurzfristigen Forderungen zu decken.
Liquiditätsgrad 3. Ordnung
Beim Liquiditätsgrad 3. Ordnung spricht man auch von mittelfristiger Liquidität. Bei ihm stellt man das komplette Umlaufvermögen den kurzfristigen Verbindlichkeiten gegenüber:
Mittelfristige Liquidität = (Liquide Mittel + Kurzfristige Forderungen + Vorräte) / Kurzfristige Verbindlichkeiten x 100
Ein Wert von mindestens 200% ist ideal, da so sichergestellt ist, dass selbst bei Forderungsausfällen die kurzfristigen Verbindlichkeiten bedient werden können.
Kurzfristige Liquidität: Was die Kennzahl aussagt
Nun kennen wir die Formeln zu den einzelnen Liquiditätsgraden. Die kurzfristige Liquidität, die durch den Liquiditätsgrad 2. Ordnung repräsentiert wird, schauen wir uns hier genauer an.
Wert kleiner als 100%
Beträgt die kurzfristige Liquidität weniger als 100% bedeutet das, dass ein Unternehmen nicht in der Lage ist, seine kurzfristigen Verbindlichkeiten mit seinen liquiden Mitteln und Forderungen zu decken. Kommt es zu einem Forderungsausfall oder erhält das Unternehmen eine unerwartete Rechnung (also eine zusätzliche Verbindlichkeit), kommt es in diesem Szenario schnell zu einem Liquiditätsengpass.
Das Unternehmen muss dann möglicherweise Vorräte verkaufen oder einen Kredit aufnehmen, der die Liquidität zusätzlich belasten wird. Unterm Strich bedeutet eine kurzfristige Liquidität von weniger als 100% demnach, dass das Unternehmen nicht wirtschaftlich arbeitet und auf lange Sicht nicht überlebensfähig ist.
Wert gleich 100%
Beträgt die kurzfristige Liquidität genau 100%, kann das Unternehmen seine kurzfristigen Verbindlichkeiten aus seinen liquiden Mitteln und Forderungsbeständen gerade so decken. Kommt es jedoch zu einem Forderungsausfall oder erhöhen sich unerwartet die Verbindlichkeiten, kann ein Liquiditätsengpass drohen, da die kurzfristige Liquidität dann unter 100% sinkt.
Wert größer 100%
Ein Wert größer als 100% für die kurzfristige Liquidität ist ideal. Kommt es zu einem Forderungsausfall oder zu einer Erhöhung der Verbindlichkeiten, hat das Unternehmen einen Puffer, auf den es zurückgreifen kann. Ein Liquiditätsengpass droht dann erst, sobald das Deckungsverhältnis unter 100% sinkt.
Die Bedeutung der kurzfristigen Liquidität für Unternehmen
In den oberen Abschnitten haben wir nun gesehen, wie man die kurzfristige Liquidität berechnet und was diese Kennzahl über die finanzielle Situation eines Unternehmens aussagt.
Sie ist dahingehend von hoher Bedeutung, da sie Aufschluss darüber gibt, wie gut ein Unternehmen seinen Zahlungsverpflichtungen nachkommen kann, indem es lediglich auf die Mittel zurückgreift, die hauptsächlich aus seinem operativen Betrieb stammen.
Für Investor:innen und Banken ist diese Kennzahl ebenfalls von hoher Bedeutung, denn sie gibt Aufschluss darüber, wie hoch das Ausfallrisiko bei einem Bankkredit sein könnte. Ist die kurzfristige Liquidität hoch, hat ein Unternehmen eine höhere Bonität als bei einer geringen kurzfristigen Liquidität.
Kurzfristige Liquidität erhöhen: Diese Möglichkeiten gibt es
Um die kurzfristige Liquidität zu erhöhen haben Unternehmen verschiedene Möglichkeiten, die je nach Schwere der Lage ergriffen werden können.
Veräußerung von Kapitalanlagen bei akuter Geldnot
Ist die kurzfristige Liquidität schon so gering, dass ein Liquiditätsengpass entstanden ist, muss das Unternehmen sehr schnell an Geld kommen. Um eine zusätzliche Belastung durch die Aufnahme eines Kredits zu vermeiden, können Kapitalanlagen aufgelöst werden (sofern vorhanden).
Das Unternehmen kann dann beispielsweise Aktien oder Fonds liquidieren, in welche es investiert hat, und erhält so einen kurzfristigen Cashflow, mit dem es seine Schulden begleichen kann. Es ist dann jedoch wichtig, weitere Maßnahmen zu ergreifen, damit eine solche Situation in Zukunft nicht mehr auftritt.
Forderungsmanagement optimieren
Je schneller Kund:innen ihre Rechnungen bezahlen, desto besser für ein Unternehmen. Mittel- und langfristig ist deshalb ein solides Forderungsmanagement notwendig. Das heißt nicht nur, dass Kund:innen konsequent gemahnt werden, wenn sie in Zahlungsverzug sind, sondern auch, dass man sich bestimmte Kennzahlen genauer ansieht, z.B. Days Sales Outstanding.
Diese gibt an, wie lange es im Durchschnitt dauert, bis Kund:innen ihre Rechnungen bezahlen. Daraus kann man anschließend ableiten, ob das Verkürzen von Zahlungszielen Liquiditätsengpässe vermeiden würde.
Anreize zur Vorauszahlung schaffen für mehr kurzfristige Liquidität Bezahlen Kund:innen für die Lieferungen oder Leistungen eines Unternehmens im Voraus, oder leisten eine Anzahlung, ist das ideal für die Unternehmensliquidität. Wer aufgrund von langen Zahlungszielen immer wieder in Geldnot gerät, kann deshalb Anreize schaffen, um die Kund:innen zur Vorabzahlung zu animieren.
Das kann man durch das Gewähren eines Skontoabzugs machen. Dieser schmälert zwar den Gewinn, sorgt jedoch dafür, dass der Cashflow stabil bleibt. Bei besonders hohen Rechnungssummen, bei denen eine Vorabzahlung nicht in Frage kommt, kann man mit den Kund:innen eine Anzahlung vereinbaren. Dies stellt einen goldenen Mittelweg dar, um die kurzfristige Liquidität zu stärken.