Was ist mit Zahlungsmoral gemeint und warum ist sie wichtig?

Das Zahlungsverhalten von Kund:innen hat maßgeblichen Einfluss auf die Liquiditätssituation von Unternehmen. Zahlungsverzögerungen oder sogar Forderungsausfälle können existenzbedrohend sein. Deshalb ist die Zahlungsmoral ein wichtiger Faktor bei der Beurteilung von Geschäftspartnern. Bezahlen die Schuldner ihre Verbindlichkeiten pünktlich? Das Forderungsmanagement kann einen wichtigen Beitrag zur Transparenz leisten. Hier ein kleiner Überblick.

Zahlungsmoral und Zahlungsverhalten: Definition
Die Zahlungsmoral wird häufig auch als Zahlungsverhalten beschrieben. Gemeint ist damit die Bereitschaft und/oder Fähigkeit des Schuldners, Zahlungsverbindlichkeiten pünktlich und vollständig zu erfüllen. Das Forderungsmanagement sollte das Zahlungsverhalten der Debitoren prüfen und analysieren.
Gute Zahlungsmoral ist von großer Bedeutung
Für Unternehmen ist es von großer Bedeutung, offene Forderungen pünktlich einzutreiben. Das Zahlungsverhalten der Kund:innen ist hierbei entscheidend.
Ein Zahlungsverzug kostet Unternehmen viel Geld. Der Grund ist simpel: Wenn die gestellten Rechnungen von den Geschäftspartnern nicht pünktlich bezahlt werden, wird die Liquidität knapper. Das Unternehmen hat bereits Leistungen erbracht und ggf. Waren und Materialien eingesetzt. Wenn die Zahlungseingänge dann auf sich warten lassen, werden die liquiden Mittel durch die laufenden Kosten immer weniger. Ggf. muss das Unternehmen sogar Fremdkapital aufnehmen, um Lücken zu schließen. Und das wiederum verursacht Kosten.
Eine schlechte Zahlungsmoral gehört außerdem zu den häufigsten Ursachen für eine Unternehmensinsolvenz. Ein professionelles Forderungsmanagement ist deshalb unverzichtbar.

Gründe für schlechte Zahlungsmoral
Doch warum bezahlen Kund:innen überhaupt Rechnungen nicht oder verspätet? Die Gründe hierfür können vielfältig sein, beispielsweise:
- Die Bezahlung der Rechnung wurde vergessen.
- Es besteht ein Konflikt, da der Kunde/die Kundin mit der erbrachten Leistung nicht zufrieden ist und deshalb den (vollen) Rechnungsbetrag nicht begleichen will.
- Der Kunde bzw. die Kundin hat sich übernommen und selbst finanzielle Schwierigkeiten.
- Durch Krankheit oder plötzliche Arbeitslosigkeit wurde der Geschäftspartner kalt erwischt.
- Der Geschäftspartner ist verstorben.
Unternehmen sollten die Zahlungseingänge und offenen Forderungen regelmäßig abgleichen. Wenn auffällt, dass eine Zahlung überfällig ist, kann es sinnvoll sein, eine Zahlungserinnerung zu versenden. Warum der Zahlungsverzug eingetreten ist, lässt sich schwer einschätzen. Doch ein Zahlungsverzug ist automatisch mit einem Forderungsausfallrisiko verbunden.
Hinweis: Vor allem, wenn langjährige Stammkund:innen in Schwierigkeiten geraten, kann es sinnvoll sein, mit diesen Kontakt aufzunehmen. Ein klärendes Gespräch kann beiden Seiten weiterhelfen. Möglicherweise kann durch Ratenzahlungsvereinbarungen die Situation gelöst werden. Unternehmen sollten generell darauf hinwirken, dass die Zahlungen zeitnah eingehen. Doch Forderungsausfälle gilt es zu vermeiden.
Was eine gute Zahlungsmoral aussagt
Eine gute Zahlungsmoral hat mehrere Effekte:
- Die offenen Forderungen eines Unternehmens werden zeitnah bezahlt. Das stärkt die Liquiditätssituation und damit auch insgesamt die Stabilität des Unternehmens.
- Pünktliche Zahlungen stärken das Vertrauen in eine Geschäftsbeziehung.
- Der Schuldner zeigt mit der pünktlichen Begleichung der Rechnung, das Zahlungsfähigkeit besteht.
Gerade, wenn beispielsweise ein Unternehmen Folgeaufträge angeboten bekommt, kann eine gute Zahlungsmoral des Geschäftspartners entscheidungsrelevant sein.
Zahlungsmoral von Kunden überprüfen
Nicht selten wird auch die Zahlungsfähigkeit von Kund:innen genauer unter die Lupe genommen. Im privaten Bereich kennen dies viele beispielsweise, wenn eine Wohnung gemietet werden soll. Hier bitten Vermieter häufig um eine Schufa-Auskunft und den Nachweis von Gehaltsabrechnungen.
Auch Kreditinstitute nehmen bei Kreditwürdigkeitsprüfungen das Thema Zahlungsfähigkeit sehr ernst und nehmen entsprechende Analysen vor.
Doch auch das Forderungsmanagement bzw. Controlling in einem Unternehmen kann das Zahlungsverhalten der Kund:innen genauer prüfen. Vor einem Großauftrag kann das Unternehmen beispielsweise erst einmal genauere Informationen zum Geschäftspartner einholen. Denkbar sind dabei beispielsweise
- Schufa-Auskunft
- Auskunft durch Wirtschaftsauskunfteien
- Veröffentlichter Geschäftsbericht des potenziellen Auftraggebers
- Informationen über den Geschäftspartner in Internet/Medien
Das Controlling kann jedoch generell noch mehr Daten zum Zahlungsverhalten der Schuldner insgesamt liefern. Es gibt verschiedene Kennzahlen, die positive oder negative Entwicklungen abbilden können.
Eine mögliche Kennzahl ist beispielsweise die Forderungslaufzeit (manchmal auch Debitorenlauftzeit genannt). Mit ihr wird berechnet, wie viel Zeit zwischen Leistungserbringung und Zahlungseingang vergeht. Sie wird wie folgt berechnet:
Forderungslaufzeit: Durchschnittlicher Forderungsbestand / (Brutto-Umsatzerlöse : 365)
Wird diese Kennzahl regelmäßig ermittelt, kann auch beobachtet werden, ob die Zahlungseingänge regelmäßig länger auf sich warten lassen.
Doch auch weitere Kennzahlen können interessant sein, zum Beispiel die Forderungsausfallquote oder auch die Umschlagshäufigkeit der Forderungen. Das Controlling kann also genauere Daten liefern, die Hinweise darauf geben können, ob das Forderungsmanagement weitere Maßnahmen ergreifen sollte.
Es gibt durchaus Möglichkeiten, dem Geschäftspartner Anreize zu setzen, die Rechnungen früher zu bezahlen. So können beispielsweise Skontoregelungen getroffen werden.
Zahlungsmoral in Deutschland
Das Zahlungsverhalten in Deutschland hängt auch maßgeblich mit wirtschaftlichen Entwicklungen zusammen. Die Studie „Zahlungsindikator Deutschland“ der Wirtschaftsauskunftei Creditreform für das zweite Halbjahr 2022 zeigt, dass die Zahlungsmoral sich verschlechtert hat. Hierfür wurden rund vier Millionen Rechnungsbelege aus dem Creditreform Debitorenregister Deutschland (DRD) ausgewertet.
Im B2B-Geschäft (Business-to-Business) stiegt der Zahlungsverzug auf durchschnittlich 10,95 Tage. Im Vorjahr lag dieser Wert noch bei 9,97 Tage. Laut Creditreform ist dies der höchste Wert seit sieben Jahren.
Und die mittlere Forderungslaufzeit bzw. Außenstandsdauer lag im zweiten Halbjahr 2022 branchenübergreifend bei durchschnittlich 40,92 Tagen. Das heißt: Unternehmen warten im Schnitt mindestens 40 Tage zwischen der Leistungserbringung und dem Zahlungseingang. Diese Zeit muss finanziell überbrückt werden.
Interessant ist auch, wie viel Zahlungziel Unternehmen ihren Kund:innen gewähren. Manche Unternehmen versuchen, durch etwas kürzere Fristen schnelle Zahlungseingänge zu generieren. Andere wiederum wollen ihren Kund:innen durch großzügigere Zahlungsmodalitäten entgegenkommen. Laut der Creditreform-Studie wurde den Kunden im 2. Halbjahr 2022 ein Zahlungsziel von 29,97 Tagen gewährt. Dabei zeigt die Analyse auch, dass viele Unternehmen hier zum Beginn der Corona-Pandemie mit durchschnittlich 32 Tagen noch großzügiger agiert haben.
Allerdings hat sich der durchschnittliche Wert einer verspätet bezahlten Rechnung auf 2.158 Euro (1. Halbjahr 2022: 2.107 Euro) erhöht.
Doch wer lässt seine Geschäftspartner nun länger warten? Kleinere oder größere Unternehmen? Die Studie zeigt, dass 27,8 Prozent der überfälligen Forderungen durch kleine Unternehmen (höchstens 50 Mitarbeiter) verursacht wurden. Bei ihnen betrug der Zahlungsverzug im 2. Halbjahr 2022 12,53 Tage. Für die meisten Außenstände waren Großunternehmen mit mehr als 250 Beschäftigten verantwortlich. Sie bezahlten ihre Rechnungen im Durchschnitt mit einer Verspätung von 9,91 Tagen.
Zahlungsmoral verbessern
In wirtschaftlich angespannten Zeiten müssen Unternehmen mit Forderungsausfallrisiken umgehen. Doch sie sind nicht vollkommen hilflos sondern können selbst einiges dafür tun, damit sich das Zahlungsverhalten ihrer Kund:innen verbessert:
- Eine wichtige Basis legen die vertraglichen Vereinbarungen und die Rechnungsstellung. Schon das Festlegen der Zahlungsziele nimmt Einfluss auf die Liquiditätssituation des Unternehmens.
- Eine gute Kundenkommunikation ist ein weiterer Baustein. Wer auf der Rechnung das Fälligkeitsdatum eindeutig ausweist, schafft Transparenz für beide Seiten.
- Bleibt die Zahlung – trotz Fälligkeit – dennoch aus, muss das Forderungsmanagement aktiv werden. Ein Monitoring in Echtzeit hilft dabei, die überfälligen Forderungen zu identifizieren.
- Eine unverbindliche Zahlungserinnerung kann bei einer vergessenen Rechnung schnell Abhilfe schaffen.
- Durch ein mehrstufiges Mahnverfahren gelingt es vielen Unternehmen, Forderungsausfälle zu vermeiden.
