Wann tritt der Forderungsausfall ein und was sollte man dann tun?

Lesezeit: 5 Min
Ein Forderungsausfall ist für ein Unternehmen mehr als nur ärgerlich.

Ein Forderungsausfall ist für ein Unternehmen mehr als nur ärgerlich: Wurden Leistungen erbracht oder Waren ausgeliefert und bleiben die Zahlungen hierfür aus, so kann das die Unternehmensliquidität erheblich schädigen. Doch der Forderungsausfall wirkt sich nicht nur auf das Liquiditätsmanagement aus: Das Unternehmen muss den Fall auch buchhalterisch behandeln. Wie wirkt sich ein Forderungsausfall in der Bilanz aus? Und welche Folgen können Forderungsausfälle nach sich ziehen? Hier ein Überblick.

Bedeutung von Forderungsausfällen für Unternehmen

Forderungsausfälle sind das Worst-Case-Szenario für das Liquiditätsmanagement eines Unternehmens. Wenn sowohl Privatpersonen als auch Unternehmen finanziell ins Straucheln geraten, kommt es immer wieder vor, dass Rechnungen nicht bezahlt werden. Aktuell müssen immer mehr Firmen mit diesem Szenario rechnen: Ob Lebensmittel oder Energiekosten – enorme Preissteigerungen werden zur Herausforderung.

Nouveau call-to-action

Doch wenn die Liquidität fehlt, um Rechnungen zu begleichen, werden auch schnell eigentlich gesunde Unternehmen mit in den Abgrund gezogen. Auch diese Unternehmen haben dann weniger liquide Mittel zur Verfügung – und können in eine Krise geraten. Forderungsausfälle sind also eine ernstzunehmende Bedrohung für die Existenz eines Unternehmens. Wie kann damit umgegangen werden?

Warum gerade jetzt viele Forderungsausfälle drohen

Der Ukraine-Krieg hat erhebliche Auswirkungen auf die Weltwirtschaft. Auch in Deutschland sind sowohl Privatpersonen als auch Unternehmen unter Druck: Steigende Energiepreise werden zur Belastung und auch die Kosten des täglichen Bedarfs steigen erheblich.

New call-to-action

Der hohe Kostendruck führt dazu, dass sowohl Konsumenten als auch Unternehmen, die bisher finanziell gut aufgestellt waren, auf einmal in Schwierigkeiten geraten. Bisher zuverlässige Kunden können nun in die Zahlungsunfähigkeit rutschen. Unternehmen müssen deshalb das Thema Forderungsausfall umso mehr in den Fokus nehmen.

Hinweis: Die Bundesregierung versucht, die wirtschaftlichen Folgen zu mildern, beispielsweise durch das dritte Entlastungspaket.

Beispiel für einen Forderungsausfall

Handelsunternehmen A hat eine offene Forderung gegenüber seinem langjährigen Kunden B in Höhe von 20.000 Euro netto zuzüglich 3.800 Euro Umsatzsteuer. Die Umsatzsteuer hat A in der Umsatzsteuervoranmeldung bereits berücksichtigt und an das Finanzamt abgeführt. Doch leider kann A keinen Zahlungseingang feststellen.

A sendet an B eine Zahlungserinnerung. Doch der Kunde reagiert nicht. A erfährt, dass B den Antrag auf Insolvenzeröffnung bereits gestellt hat, doch das Insolvenzverfahren wurde mangels Masse eingestellt. A erkennt, dass es sich um eine uneinbringliche Forderung handelt. Er bucht deshalb zum Bilanzstichtag die Forderung aus.

Abwandlung: Der Zahlungseingang bleibt aus, doch B meldet sich und bemängelt, dass A nicht sämtliche Waren wie vereinbart ausgeliefert hätte und verhandelt mit A, um den Rechnungsbetrag zu senken. Es handelt sich hier um eine zweifelhafte Forderung.

Forderungsausfall buchen

In der Buchhaltung müssen Forderungen zum Bilanzstichtag danach bewertet werden, wie wahrscheinlich es ist, dass die Forderung bezahlt wird. Dabei wird zwischen drei Kategorien unterschieden:

  • Einwandfreie Forderungen
  • Zweifelhafte (dubiose) Forderungen und
  • Uneinbringliche Forderungen

Bei einer einwandfreien Forderung wird davon ausgegangen, dass der Schuldner die Forderung bezahlen wird. Bei einer zweifelhaften Forderung besteht das Risiko, dass die Forderung (zumindest teilweise) nicht beglichen wird. Bei einer uneinbringlichen Forderung wird davon ausgegangen, dass die Forderung ausfällt.

Bei einer uneinbringlichen Forderung muss das Unternehmen zwingend die Forderung ausbuchen. Hintergrund ist das Niederstwertprinzip im Handelsrecht. Entscheidend sind die Verhältnisse am Bilanzstichtag. Es kann auch vorkommen, dass erst eine zweifelhafte Forderung gebucht wird, bevor eine Forderung komplett abgeschrieben wird.

Nicht vergessen: Auch die Umsatzsteuer muss bei einem Forderungsausfall berichtigt werden.

Gehen wir vom Beispielsfall aus, bei der die Forderung in Höhe von 23.800 Euro brutto ausfällt, dann lautet der Buchungssatz hier:

| Soll | |Haben | | | ---------- | ---------- | | Forderungsverluste 19% | 20.000 |Forderungen aus Lieferungen und Leistungen | 23.800 | | Umsatzsteuer | 3.800 |

Die Umsatzsteuer bei der Buchung ebenfalls berichtigt werden. Doch im SKR 03 bzw. SKR 04 sind die Konten „Forderungsverluste“ sog. Automatikkonten. Die Berichtigung der Umsatzsteuer erfolgt also in der Buchhaltung automatisch.

In der Umsatzsteuervoranmeldung muss der Unternehmer den Forderungsverlust ebenfalls berücksichtigen. Aber Achtung: Nur uneinbringliche Forderungen führen zur Berichtigung bei der Umsatzsteuer. Bei zweifelhaften Forderungen darf die Umsatzsteuer noch nicht berichtigt werden.

Alternativ: Falls der Schuldner ein Debitorenkonto hat, wird direkt das Debitorenkonto gegengebucht.

Falls die Forderung zuvor als zweifelhafte Forderung bereits gebucht wurde, so wird das Konto „Zweifelhafte Forderungen“ gegengebucht. Die Buchung des Forderungsausfalls wirkt gewinnmindernd in der Gewinn- und Verlustrechnung. Der Forderungsausfall führt also für das Unternehmen zu einem Aufwand.

Forderungsausfall in der Kosten- und Leistungsrechnung (KLR)

In der Kosten- und Leistungsrechnung werden Forderungsausfälle in der Regel als kalkulatorische Wagniskosten berücksichtigt.

Forderungsausfall vermeiden

Im Idealfall tritt ein Forderungsausfall gar nicht erst ein. Durch ein effektives Forderungsmanagement können verschiedene Stellhebel genutzt werden, damit Forderungen (pünktlich) bezahlt werden. Hier einige Möglichkeiten:

  1. Zeitnahe Rechnungsstellung: Unternehmen sollten, allein zur Sicherung der eigenen Liquidität, immer sehr zeitnah eine Rechnung stellen.
  2. Zahlungsmethoden strategisch wählen: Natürlich hängen typische Zahlungsmethoden stark von den Rechnungsbeträgen und der Branche ab. Doch je nach Geschäftsmodell kann es für Unternehmen sinnvoll sein, bei den angebotenen Zahlungsmethoden die eigene Liquiditätssicherung im Blick zu behalten.
  3. Zahlungsziele für Kunden: Unternehmen sollten sehr genau prüfen und hinterfragen, welche Zahlungskonditionen sie ihren Kunden anbieten (können). Natürlich ist es ratsam, langjährige Kunden auch durch ein gewisses Entgegenkommen zu binden. Doch in der Vergangenheit haben viele Unternehmen pauschal lange Zahlungsfristen gewährt. Eine Verkürzung der Forderungslaufzeiten stärkt jedoch die eigene Liquidität erheblich. Das kann beispielsweise durch Skontogewährungen erwirkt werden. Doch Achtung: Skonto sollte nur gewährt werden, wenn dies entsprechend in der Preiskalkulation zuvor berücksichtigt wurde.
  4. Forderungen analysieren: Unternehmen können im Forderungsmanagement Erfahrungswerte entwickeln und durch Kennzahlenanalysen bereits mögliche Risiken identifizieren.
  5. Preisgestaltung: Unternehmen können grundsätzlich bereits bei der Preiskalkulation eine typische Forderungsausfallquote berücksichtigen. Allerdings fällt das in vielen Branchen Unternehmen gerade schwer: Durch die steigenden Kosten können nicht unbegrenzt Preissteigerungen und Risikozuschläge an die Kunden weitergegeben werden. Hier ist also Fingerspitzengefühl gefragt.
  6. Transparenz im Forderungsmanagement: Durch moderne Softwarelösungen können Unternehmen heute jederzeit prüfen, welche Forderungen wann fällig sind. Doch vor allem, wenn Forderungen überfällig sind, kann ein automatisiertes Mahnwesen effektiv und schnell agieren.
  7. Factoring: Wer seine Forderungen verkauft, muss zwar Factoringgebühren finanzieren. Doch Forderungsausfälle können hierdurch erfolgreich vermieden werden.
  8. Forderungsausfälle versichern: Unternehmen können sich gegen Forderungsausfälle durch Versicherungen absichern.

Forderungsausfall versichern

Nicht wenige Unternehmen entscheiden sich dazu, sich gegen Forderungsausfälle zu versichern. Dies kann umso mehr sinnvoll sein, wenn es sich um Exportgeschäfte handelt.

Infrage kommt beispielsweise eine Kreditversicherung. Besonders bekannt ist die Warenkreditversicherung. Erfahrungsgemäß werden hier bei einem Forderungsausfall, der versichert wurde, ca. 70 % (manchmal auch mehr) der Nettoforderung durch die Versicherung entschädigt.

Hinweis: Bei den Versicherungsverträgen müssen die Klauseln genau geprüft werden. Welche Forderungen sind abgedeckt? Und welche Anforderungen müssen erfüllt werden? Ob diese Versicherungsart die ideale Lösung ist, sollte abgewogen werden. Es gibt auch zahlreiche weitere Versicherungsmöglichkeiten – hier sollten sich Unternehmen ggf. beraten lassen. Eine weitere Alternative könnte das Factoring darstellen.

Tipp: Nicht verwechselt werden sollte die Kreditversicherung mit der sog. Forderungsausfalldeckung im Zusammenhang mit einer Privathaftpflichtversicherung. Wenn ein Verbraucher von einer Person geschädigt wird, die selbst nicht privathaftpflichtversichert ist, greift eine Forderungsausfalldeckung in seiner Privathaftpflichtversicherung.

Vom Forderungsausfall zum Insolvenzverfahren

Zu hohe Forderungsausfälle sind existenzbedrohend. Und wenn die eigene Liquidität zu knapp wird, kann das Unternehmen zahlungsunfähig werden. Überschuldung und Zahlungsunfähigkeit sind Insolvenzgründe. Das Unternehmen muss dann seinen Pflichten nachkommen und ggf. den Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens stellen.

Tipp: Je früher Unternehmen mögliche Krisen erkennen, desto schneller kann agiert und eine Insolvenz vermieden werden. Unternehmen sollten sich nicht davor scheuen, Beratung in Anspruch zu nehmen. Aktuell gewährt beispielsweise die KfW-Bank unterschiedliche Hilfsprogramme zur Sicherung der Liquidität. Welche Programme für ein Unternehmen infrage kommen könnte, kann ein Berater identifizieren. Doch wenn ein Insolvenzgrund eintritt, muss das Unternehmen die insolvenzrechtlichen Folgen tragen.


Melden Sie sich für unseren Newsletter an.

Das wird Ihnen auch gefallen