Die statische Liquidität gibt einen groben Überblick über die liquide Situation eines Unternehmens und dient Investor:innen und anderen Geldgeber:innen dazu, einen ersten Eindruck über die finanzielle Lage eines Unternehmens zu bekommen. Wir zeigen Ihnen hier, wie man die statische Liquidität berechnet und wie sie sich von der dynamischen Liquidität unterscheidet.
Statische Liquidität: Definition
Die statische Liquidität bezeichnet man auch als bilanzielle Liquidität, da sie aus den Kennzahlen der Jahresbilanz berechnet wird. Sie bezieht sich somit auf die Zeitspanne eines Geschäftsjahres. Mit ihr lässt sich beurteilen, wie die kurzfristigen Verbindlichkeiten eines Unternehmens finanziert werden.

Zukünftige Verbindlichkeiten und Forderungen werden bei der statischen Liquidität nicht berücksichtigt. Sie gibt also nur Auskunft über die vergangene Liquiditätssituation des Unternehmens und nicht über die erwartete.
Die Kennzahlen für die statische Liquidität sind der Liquiditätsgrad 1., 2. und 3. Ordnung. Analysten und Investor:innen berechnen diese Kennzahlen aus den Informationen der Unternehmensbilanz, um sich ein ungefähres Bild von der liquiden Situation eines Unternehmens machen zu können.

Statische vs. Dynamische Liquidität
Während die statische Liquidität sich auf das vergangene Geschäftsjahr bezieht, kann die dynamische Liquidität sich auf beliebige Zeiträume beziehen, z.B. Monate, Wochen oder Tage. Bei der dynamischen Liquidität spricht man auch von Cashflow. Sie spiegelt direkt die Ein- und Auszahlungen wider, die auf den Geschäftskonten eines Unternehmens in Form von Transaktionen jeden Tag stattfinden.
Das Ermitteln der dynamischen Liquidität ermöglicht Unternehmen eine akkurate Planung ihres operativen Geschäfts, da Cashflows nicht nur für vergangene Zeiträume dargestellt werden können, sondern auch für zukünftige.
Im Rahmen der Cashflow-Planung projizieren Unternehmen ihre erwarteten Ein- und Auszahlungen in die Zukunft und können so abschätzen, wie sich die Liquidität entwickeln wird. Das erlaubt eine engmaschige Kontrolle von Ausgaben und das Abschätzen von idealen Zeitpunkten für geplante Investitionen.
Statische Liquidität: Berechnung
Die statische Liquidität gibt man in drei verschiedenen Liquiditätsgraden an. Für jeden Grad gibt es eine Formel, in welche man die Kennzahlen aus der Bilanz einsetzen kann. Die Liquiditätsgrade werden in Prozent angegeben.
Liquiditätsgrad 1. Ordnung = liquide Mittel / kurzfristige Verbindlichkeiten x 100 Liquiditätsgrad 2. Ordnung = (liquide Mittel + kurzfristige Forderungen + Wertpapiere) / kurzfristige Verbindlichkeiten x 100 Liquiditätsgrad 3. Ordnung = (liquide Mittel + kurzfristige Forderungen + Wertpapiere + Vorräte) / kurzfristige Verbindlichkeiten = Umlaufvermögen / kurzfristige Verbindlichkeiten x 100
Anhand der obigen Formeln sieht man, dass man das Umlaufvermögen bzw. Teile davon den kurzfristigen Verbindlichkeiten (Laufzeit weniger als 1 Jahr) gegenüberstellt, um die statische Liquidität zu erhalten.
Das Umlaufvermögen eines Unternehmens setzt sich zusammen aus: • Liquiden Mitteln (Kontoguthaben, Barbestände, Schecks) • Kurzfristige Forderungen (Laufzeit weniger als 1 Jahr) • Wertpapiere (z.B. Aktien oder Fonds) • Vorräte (z.B. Lagerbestände)
Bedeutung der Liquiditätsgrade
Beim Liquiditätsgrad 1. Ordnung stellt man lediglich die liquiden Mittel den kurzfristigen Verbindlichkeiten gegenüber. Das Ergebnis zeigt dann an, wie gut ein Unternehmen in der Lage ist, seinen finanziellen Verpflichtungen nachzukommen, wenn es lediglich seine Barmittel zur Deckung verwenden würde.
Beim Liquiditätsgrad 2. Ordnung bezieht man die weniger liquiden Mittel in Form von kurzfristigen Forderungen und Kapitalmarktanlagen in die Berechnung mit ein. Und beim Liquiditätsgrad 3. Ordnung stellt man das komplette Umlaufvermögen den kurzfristigen Verbindlichkeiten gegenüber.
Beispiel für statische Liquidität
Ein Unternehmen weist folgende Werte in seiner Bilanz aus: • Kontoguthaben: 50.000€ • Wertpapierbestände: 20.000€ • Vorräte: 30.000€ • Kurzfristige Forderungen: 100.000€ • Kurzfristige Verbindlichkeiten: 80.000€
Damit lassen sich nun die verschiedenen Liquiditätsgrade wie folgt berechnen:
Liquiditätsgrad 1. Ordnung = 50.000€ / 80.000€ x 100 = 62,5% Liquiditätsgrad 2. Ordnung = (50.000€ + 20.000€ + 100.000€) / 80.000€ x 100 = 212,5% Liquiditätsgrad 3. Ordnung = (50.000€ + 20.000€ + 100.000€ + 30.000€) / 80.000€ x 100 = 250%
Richtwerte für die statische Liquidität
Da immer mehr Mittel den kurzfristigen Verbindlichkeiten gegenübergestellt werden, erhöhen sich die Werte mit steigendem Liquiditätsgrad.
In der Praxis streben Unternehmen folgende Richtwerte für die statische Liquidität an: • Liquiditätsgrad 1. Ordnung: 20% - 40% • Liquiditätsgrad 2. Ordnung: 100% - 120% • Liquiditätsgrad 3. Ordnung: 150% oder mehr Interpretation der Liquiditätsgrade
Der Liquiditätsgrad 1. Ordnung wird generell klein gehalten. Das birgt ein gewisses Risiko, da im Falle von unerwartet hohen Zahlungen möglicherweise auf andere Mittel zurückgegriffen werden muss, um nicht in Zahlungsnot zu geraten.
Dieses Risiko gehen Unternehmen jedoch ein, denn ein hoher Liquiditätsgrad 1. Ordnung bedeutet, dass sehr viel Geld auf der hohen Kante liegt und somit nicht im Unternehmen arbeiten kann, z.B. in Form von Investitionen.
Bei einem Liquiditätsgrad 3. Ordnung von mehr als 100% ist sichergestellt, dass ein Unternehmen seinen kurzfristigen Verbindlichkeiten mit seinem Umlaufvermögen jederzeit nachkommen kann.
Je höher dieser Liquiditätsgrad, desto stabiler ist die finanzielle Situation des Unternehmens. Falls eine unerwartet hohe Rechnung eintrifft, kann es diese dann nämlich problemlos begleichen. Betrüge der Liquiditätsgrad 3. Ordnung nur 100%, würde eine unerwartete zusätzliche finanzielle Verpflichtung das Unternehmen bereits in Zahlungsschwierigkeiten bringen.
Statische Liquidität & die Grenzen ihrer Aussagekraft
Wir haben am Beispiel gesehen, dass die statische Liquidität die liquide Situation eines Unternehmens während des vergangenen Geschäftsjahres darstellt. Das gibt einen ersten Eindruck darüber, über welche Mittel ein Unternehmen verfügt, um seinen kurzfristigen finanziellen Verpflichtungen nachzukommen.
Was die statische Liquidität jedoch nicht aufzeigt, ist die Stabilität der liquiden Lage. Trotz eines hohen Liquiditätsgrades 3. Ordnung könnte es dennoch vorkommen, dass das Unternehmen während des Jahres mit kurzzeitigen Liquiditätsengpässen zu kämpfen hat. Diese werden durch die Mittelung herausgerechnet, wenn die Liquidität für das gesamte Jahr berechnet wird.
Um zu beurteilen, wie sich die Liquidität während des Geschäftsjahres konkret verhält, ist es deshalb notwendig, sie dynamisch zu betrachten, d.h. auf Cashflow-Basis. Die statische Liquidität gibt lediglich einen groben Überblick, jedoch kein detailliertes Bild über die tatsächliche liquide Lage. Sie sollte deshalb immer in Verbindung mit der dynamischen Liquidität berechnet werden.