Die Kapitalstruktur gibt an, wie hoch das Eigen- und Fremdkapital eines Unternehmens sind und zu welchen Teilen diese jeweils das Anlage- und Umlaufvermögen decken. Wir zeigen Ihnen hier, wie man die Kapitalstruktur berechnet und analysiert.
Kapitalstruktur: Definition
Die Kapitalstruktur eines Unternehmens zeigt die Aufteilung zwischen Eigen- und Fremdkapital an. Sie gibt auch Auskunft darüber, in welcher Höhe das Eigenkapital das Anlagevermögen deckt und das Fremdkapital das Umlaufvermögen.

Die Kapitalstruktur ermittelt man aus den Ergebnissen in der Bilanz. Sie ist nicht nur für Unternehmensverantwortliche wichtig, sondern auch für Investor:innen oder Banken, denn sie gibt an, wie gut oder schlecht ein Unternehmen finanziell aufgestellt ist.
Aus ihr lässt sich ableiten, wie hoch das Risiko für einen Zahlungsausfall oder eine Insolvenz ist, woran sich die Bedingungen für Kredite orientieren. Verantwortliche sehen anhand der Kapitalstruktur auch, in welche Richtung sie ihr Kapital optimieren müssen, um attraktiver für Investor:innen zu werden oder um günstiger an Darlehen zu kommen.

Kapitalstruktur berechnen mit Formel
Man unterscheidet zwischen der vertikalen und der horizontalen Kapitalstruktur. Bei der vertikalen Kapitalstruktur stellt man das Eigenkapital dem Fremdkapital gegenüber; bei der horizontalen Struktur stellt man das Eigenkapital dem Anlagevermögen gegenüber und das Fremdkapital dem Umlaufvermögen.
In einer Formel lässt sich die vertikale Kapitalstruktur so ausdrücken: Vertikale Kapitalstruktur = Eigenkapital / Fremdkapital x 100 Durch die Multiplikation mit dem Faktor 100 erhält man die Kapitalstruktur in Prozent.
Für die horizontale Kapitalstruktur gibt es zwei Formeln: eine für Eigenkapital und Anlagevermögen, und eine für Fremdkapital und Umlaufvermögen.
*Horizontale Kapitalstruktur (Eigenkapital) = Eigenkapital / Anlagevermögen x 100
Horizontale Kapitalstruktur (Fremdkapital) = Fremdkapital / Umlaufvermögen x 100*
Kapitalstruktur: Beispiel
Ein Unternehmen weist folgende Werte in seiner Bilanz aus:
- Eigenkapital: 100.000€
- Fremdkapital: 200.000€
- Anlagevermögen: 180.000€
- Umlaufvermögen: 120.000€
Wir können nun die verschiedenen Kapitalstrukturarten berechnen:
*Vertikale Kapitalstruktur = 100.000€ / 200.000€ x 100 = 50%
Horizontale Kapitalstruktur (Eigenkapital) = 100.000€ / 180.000€ x 100 = 55,56%
Horizontale Kapitalstruktur (Fremdkapital) = 200.000€ /120.000€ x 100 = 166,67%*
Weitere Kapitalstruktur-Kennzahlen
Bei der Zusammensetzung der Kapitalstruktur gibt es noch weitere wichtige Größen, welche die finanzielle Lage eines Unternehmens anzeigen. Diese sind:
Eigenkapitalquote = Eigenkapital / Gesamtkapital x 100 Fremdkapitalquote= Fremdkapital / Gesamtkapital x 100 Verschuldungsquote = Fremdkapital / Eigenkapital x 100
Berechnen wir diese Größen für das obere Beispiel, erhalten wir:
Eigenkapitalquote = 100.000€ / (100.000€ + 200.000€) x 100 = 33,33% Fremdkapitalquote = 200.000€ / (100.000€ + 200.000€) x 100 = 66,67% Verschuldungsquote = 200%
Kapitalstruktur analysieren
Wollen wir die Kapitalstruktur analysieren, müssen wir zuerst nach den obigen Formeln die Größen berechnen, an welchen wir interessiert sind. Im nächsten Schritt interpretieren wir diese Zahlenwerte.
Im Beispiel oben hat das Unternehmen doppelt so viel Fremdkapital wie Eigenkapital zur Verfügung. Dieser Umstand spiegelt sich sowohl in der vertikalen Kapitalstruktur als auch in der Verschuldungsquote wider, da die Kapitalstruktur der Kehrwert der Verschuldungsquote ist:
Kapitalstruktur = 1 / Verschuldungsquote = 1 / 200% = 50%
Dementsprechend ist auch die Fremdkapitalquote höher als die Eigenkapitalquote, nämlich 2:1. Es lässt sich anhand der Kapitalstruktur also sehr leicht ablesen, dass das Unternehmen zum größeren Teil aus Fremdkapital finanziert ist.
Was ist eine gute Kapitalstruktur?
Wenn wir beim Beispiel von oben bleiben, fragen Sie sich nun möglicherweise, ob diese Kapitalstruktur gut oder schlecht ist. Hierbei kommt es darauf an, welche Finanzierungsregel das Unternehmen verfolgt. Sehr gängige Regeln sind die 1:1-, 2:1- und die 3:1-Regel, welche das Verhältnis von Fremdkapital zu Eigenkapital angeben.
Verfolgt das Unternehmen aus dem Beispiel also eine 2:1-Finanzierungsregel, ist alles im grünen Bereich. Ist jedoch eine 1:1-Regel gewünscht, das heißt, dass das Eigenkapital mindestens genauso hoch sein muss wie das Fremdkapital, hat das Unternehmen sein Ziel verfehlt.
Nach welcher Regel sich Unternehmen finanzieren, hängt stark von der Branche ab. Ein Wachstumsunternehmen in einem hart umkämpften Markt, ist möglicherweise stärker von Fremdkapital abhängig, weil es viele Investitionen tätigen muss, um konkurrenzfähig zu bleiben.
Ein Unternehmen mit einem festen Kundenstamm und stabilen Einnahmen, hat dagegen möglicherweise mehr Eigenkapital zur Verfügung, weil es weniger Investitionen tätigen muss.
Die optimale Kapitalstruktur für KMU
In der Praxis orientieren sich Unternehmen für eine optimale Kapitalstruktur an der goldenen Bilanzregel. Diese besagt, dass das Anlagevermögen mit Eigenkapital gedeckt sein muss, und dass Fremdkapital zur Deckung des Umlaufvermögens eingesetzt werden darf. Die horizontale Kapitalstruktur für das Eigenkapital muss demnach 100% oder mehr betragen:
Horizontale Kapitalstruktur = Eigenkapital / Anlagevermögen x 100 = 100% oder mehr
Dies kann jedoch je nach Branche nicht immer erreicht werden. Unternehmen, die ein sehr hohes Anlagevermögen haben (zum Beispiel produzierende Betriebe mit sehr vielen teuren Produktionsmaschinen), peilen deshalb stattdessen eine andere Finanzierungsregel an. Sie beziehen dann nicht nur das Eigenkapital, sondern auch ihr langfristiges Fremdkapital in die Berechnung ein:
Horizontale Kapitalstruktur = (Eigenkapital + langfristiges Fremdkapital) / Anlagevermögen x 100 = 100% oder mehr
Um die optimale Kapitalstruktur für Ihr Unternehmen herauszufinden, empfehlen wir Ihnen einen Vergleich mit anderen Unternehmen in Ihrer Branche. Daraus können Sie ableiten, ob Sie im Gegensatz zu Ihren Mitbewerbern mehr in Richtung Eigenkapital- oder Fremdkapitalfinanzierung tendieren.
Beachten Sie dabei jedoch, dass eine Abweichung von der Norm nichts Schlechtes sein muss. Solange sich Ihr Unternehmen in einer finanziell stabilen Lage befindet und Ihnen Ihre Geldgeber nicht vorschreiben, welche Finanzierungsregeln Sie zu nutzen haben, bewegen Sie sich im grünen Bereich.