Was sagt das Betriebsminimum aus über die Wirtschaftlichkeit eines Unternehmens?

Lesezeit: 5 min.
Mit dem Betriebsminimum ist nach gängiger Literatur die Untergrenze gemeint, bei der die Umsatzerlöse gerade so die variablen Kosten decken.

In Zeiten einer Inflation stehen viele Unternehmen vor der Frage, wie es um die eigene Marktpreisgestaltung steht. Wenn beispielsweise nicht gewinnbringend produziert wird, dann werden in der Regel nicht alle Fixkosten gedeckt. Mit der Kennzahl Betriebsminimum können Unternehmen jedoch ermitteln, ob zumindest die variablen Kosten gedeckt werden. Doch was hat es mit der Kennzahl auf sich? Und wie wird sie berechnet? Hier ein Überblick.

Betriebsminimum: Definition

Mit dem Betriebsminimum ist nach gängiger Literatur die Untergrenze gemeint, bei der die Umsatzerlöse gerade so die variablen Kosten decken. Die Fixkosten werden von den Umsatzerlösen dann jedoch nicht gedeckt. Das Unternehmen erzielt also einen Verlust.

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Betriebsminimum: Kurzfristige Preisuntergrenze

Das Betriebsminimum wird häufig auch als kurzfristige Preisuntergrenze bezeichnet. Warum es sich nur kurzfristig um eine Preisuntergrenze handeln sollte, wollen wir uns noch einmal genauer betrachten:

Bedeutung des Betriebsminimums

Warum ist Berechnung des Betriebsminimums so interessant für Unternehmen? Aktuell haben viele Firmen mit erheblichen Herausforderungen zu kämpfen. Die Energiekosten steigen und Lieferkettenprobleme sorgen zusätzlich für steigende Kosten von Materialien. Der Blick in die Zukunft ist ungewiss: Es ist schwer absehbar, welche Folgen staatliche Maßnahmen, weitere wirtschaftliche und politische Entwicklungen auf die Marktpreise haben werden. Viele Produktionen arbeiten deshalb aktuell nicht kostendeckend. Die Umsätze reichen hierfür schlichtweg nicht aus.

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Ein einfacher Lösungsansatz wäre, die Preise für Produkte bzw. Dienstleistungen zu erhöhen. Doch ganz so simpel funktioniert das meist nicht: Preiserhöhungen sind heikel. Auch die Kunden leiden unter den Folgen der Inflation und hinterfragen daher noch mehr, ob der Kauf eines bestimmten Produkts wirklich sein muss. Eine Preiserhöhung kann dann dazu führen, dass der Kunde endgültig abspringt – oder sich nach einem anderen Anbieter umschaut.

Nicht immer können Unternehmen also die gestiegenen Kosten an Kunden einfach direkt weitergeben. Das kann die Wettbewerbssituation eines Unternehmens erheblich verschlechtern. Umgekehrt kann das Unternehmen seine Preise auch gezielt kurzfristig so gestalten, dass es sich gegenüber einem Wettbewerber besser positioniert. Durch eine Vertriebsaktion kann das Unternehmen also seine Marktposition behaupten – nimmt dafür jedoch einen Verlust in Höhe der Fixkosten in Kauf.

Doch natürlich kann ein Unternehmen auf Dauer nur überleben, wenn es über ausreichend Liquidität verfügt. Das Ziel ist grundsätzlich, mit der Geschäftstätigkeit Gewinn zu erzielen. Die Erlöse sollten also höher als die Kosten sein. Doch in schwierigen Zeiten muss zumindest gesichert werden, dass Unternehmen nicht von den Kosten erdrückt werden. Mit dem Betriebsminimum kann eine Preisuntergrenze ermittelt werden. Mit anderen Worten: Die Umsatzerlöse können zumindest einen Teil der Kosten (nämlich die variablen) ausgleichen. Mit dem Betriebsminimum kann also ermittelt werden, ob der Marktpreis die variablen Kosten deckt.

Um dies besser zu verstehen, sollte zunächst noch einmal ein Blick darauf geworfen werden, was es mit den variablen bzw. fixen Kosten auf sich hat:

Variable Kosten und Fixkosten

In der Betriebswirtschaftslehre unterscheidet man bei den Gesamtkosten zwischen den variablen und fixen Kosten. Den fixen Kosten werden die Kosten zugeordnet, die konstant innerhalb bestimmter Perioden anfallen und Bestandteil der Gesamtkosten des Unternehmens sind. Sie entstehen aufgrund der Unternehmensstruktur und dabei unabhängig von Bezugsgrößen, wie beispielsweise der aktuellen Produktionsmenge.

Typische Beispiele für Fixkosten sind

  • IT-Kosten
  • Mietkosten
  • Beträge für Versicherungen
  • Lohn- und Gehaltskosten
  • Abschreibungen

Diese Kosten sind "fix" – können also nicht beeinflusst werden, indem beispielsweise mehr oder weniger produziert wird.

Doch vor allem in produzierenden Unternehmen entstehen auch hohe variable Kosten. Diese Kosten sind im Gegensatz zu den Fixkosten von bestimmten Bezugsgrößen abhängig. Wenn beispielsweise an der Maschine A mehr produziert wird, dann entstehen auch mehr Kosten. Die Maschine läuft länger, verbraucht mehr Strom und Materialien usw.

Beim Betriebsminimum werden die fixen Kosten ausgeklammert. Die Kennzahl ermittelt, wie hoch die Umsatzerlöse sein müssen, damit die variablen Kosten ausgeglichen werden können.

Wichtig: Das Betriebsminimum stellt nur sicher, dass ein Teil der Kosten gedeckt wird. Es entstehen Verluste in Höhe der Fixkosten!

Betriebsminimum berechnen

Bei der Berechnung des Betriebsminimums werden die Fixkosten, wie bereits dargestellt, außer Acht gelassen. Es werden ausschließlich die variablen Stückkosten herangezogen. Doch wie sieht die Berechnung dann aus?

Betriebsminimum: Formel

Das Betriebsminimum kann durch unterschiedliche Berechnungen ermittelt werden. An dieser Stelle sollen jedoch nicht komplexe ökonomische Funktionen vorgestellt werden, denn hier soll nur ein Einblick in die Thematik gegeben werden. Recht einfach ist deshalb folgende Formel:

Durchschnittliche variable Kosten / Menge

Wenn der Marktwert für das Produkt unter dem Betriebsminimum liegt, muss das Unternehmen hinterfragen, ob eine Produktion überhaupt noch Sinn macht. Das Kostenmanagement ist dann gefragt, die komplette Struktur unter die Lupe zu nehmen: Sind Kostensenkungen möglich? Können Prozesse optimiert werden?

Betriebsminimum und Betriebsoptimum

Zur kurzfristigen Preisuntergrenze mit dem Betriebsminimum gibt es auch eine sog. langfristige Preisuntergrenze mit dem Betriebsoptimum. Was hat es damit auf sich und wie können die beiden Begriffe abgegrenzt werden.

Wie bereits beschrieben, wird beim Betriebsminimum berechnet, wie hoch die Umsatzerlöse sein müssen, um die variablen Kosten abzudecken. Mit dem Betriebsoptimum wird berechnet, wie hoch die Umsatzerlöse sein müssen, um sowohl die variablen als auch fixen Kosten zu decken. Mit anderen Worten: Das Betriebsoptimum beschreibt die Situation, dass weder ein Gewinn noch ein Verlust entsteht. Das Betriebsoptimum wird daher auch als langfristige Preisuntergrenze bezeichnet.

Der Grund liegt auf der Hand: Ein Unternehmen muss auf Dauer kostendeckend arbeiten. Nur dann kann die Existenz langfristig gesichert werden. Alles, was über dem Betriebsoptimum erwirtschaftet werden kann, trägt zur Gewinnerzielung bei. Doch zunächst müssen die Gesamtkosten gedeckt werden.

Bei der Berechnung des Betriebsoptimums werden die durchschnittlichen Gesamtkosten berücksichtigt. Mit anderen Worten: Wenn bei einer Produktion mindestens die durchschnittlichen Stückkosten erlöst werden, ist das Betriebsoptimum erfüllt.

Beispiel: Das Industrieunternehmen A produziert und verkauft im Monat 500 Stück des Produktes B. Die gesamten Stückkosten liegen hier bei 2.000 Euro. Das Betriebsoptimum berechnet sich wie folgt: 2.000 Euro / 500 = 4 Euro

Das heißt: Wenn der Marktwert des Produktes bei mindestens 4 Euro liegt, ist das Betriebsoptimum erfüllt. Die Kosten sind gedeckt. Bei einem höheren Verkaufspreis erzielt A einen Gewinn.

Betriebsminimum und Betriebsoptimum berechnen

Insbesondere produzierende Unternehmen sollten sowohl das Betriebsminimum als auch das Betriebsoptimum berechnen. Vor allem in Zeiten einer angespannten Kostensituation muss ermittelt werden, ob an der Preisgestaltung festgehalten werden kann.

Das Controlling eines Unternehmens bekommt damit wichtige Informationen an die Hand und kann daraus verschiedene Maßnahmen ableiten:

  • Wenn die variablen Kosten nicht gedeckt werden, das heißt das Betriebsminimum nicht gesichert ist, dann muss die Preiskalkulation hinterfragt werden.
  • Kommt eine Preiserhöhung nicht infrage (beispielsweise aufgrund von möglichen Wettbewerbsnachteilen), so muss das Controlling prüfen, ob Kosten gesenkt werden können.
  • Das Betriebsoptimum ist die langfristige Preisuntergrenze: Das Unternehmen muss sich Ziele setzen, wie es langfristig Gewinne erzielen und maximieren kann.

Aktueller Hinweis: Aktuell sind aufgrund der gestiegenen Energiepreise in vielen Unternehmen die variablen Kosten verstärkt in den Fokus geraten. So berichten Medien im Oktober 2022 darüber, dass verschiedene Supermarktketten ihre Ladenöffnungszeiten verkürzen. Der Grund ist simpel: Durch kürzere Öffnungszeiten wird weniger Strom verbraucht. Zudem muss weniger geheizt werden. Gerade zum Start in die kalte Jahreszeit kann dies eine sehr wirkungsvolle Maßnahme sein. Die variablen Kosten sinken damit also. Zudem sei hier auch am Rande erwähnt, dass die Supermarktketten durch kürzere Öffnungszeiten den Fachkräftemangel entschärfen.


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