Welche Arten von Rücklagen für die Liquidität wichtig sind

Lesezeit: 6 min.
Rücklagen sind für das Liquiditätsmanagement eines Unternehmens von großer Bedeutung.

Ein wichtiger Bestandteil des Eigenkapitals eines Unternehmens sind Rücklagen. Sie spielen eine große Rolle für die Liquidität eines Unternehmens, denn durch die Rücklagen sind Unternehmen auch für schwierige Zeiten abgesichert. Doch welche Arten von Rücklagen gibt es? Und was ist bei der Bilanzierung zu beachten? Hier ein Überblick:

Was sind Rücklagen?

Rücklagen können gebildet werden, wenn ein Unternehmen aufgrund seiner Geschäftstätigkeit wirtschaftliche Überschüsse erzielt. Es handelt sich dann um Mittel, die zurückgelegt werden, damit sie zu einem späteren Zeitpunkt für bestimmte Zwecke genutzt werden können. Wenn ein Unternehmen beispielsweise in einem folgenden Geschäftsjahr einen Verlust erzielt, dann können zuvor gebildete Rücklagen diesen Verlust decken.

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Für die Finanzierung eines Unternehmens spielen Rücklagen eine große Rolle. Sie verstärken das Eigenkapital eines Unternehmens. Je mehr Eigenkapital vorhanden ist, desto weniger dringend ist ein Unternehmen auf Fremdkapital angewiesen. In Zeiten einer Inflation wird dies immer wichtiger. Viele Unternehmen geraten bei der Liquidität aufgrund steigender Kosten unter Druck. Doch natürlich sind auch Rücklagen nicht unendlich vorhanden. Das Liquiditätsmanagement muss daher genau im Blick behalten, wie viel Eigenkapital vorhanden ist.

Ein Unternehmen, dass Rücklagen vorweisen kann, verbessert damit auch seine Kreditwürdigkeit erheblich. Schließlich kann es Sicherheiten vorweisen. Im Rahmen eines Bankgesprächs kann also dieser Bilanzposten durchaus für eine verbesserte Verhandlungsposition und im Ergebnis für günstigere Kreditkonditionen führen.

Hinweis: Rücklagen kommen natürlich nicht nur in der Unternehmenswelt vor. Auch Privatpersonen legen Geld für den Notfall beiseite. Doch bei Unternehmen gelten für diese „eiserne Reserve“ besondere Vorgaben.

Rücklagen und stille Reserven

Bei den Rücklagen wird unterschieden zwischen offenen Rücklagen und den sog. stillen Reserven (oder auch stille Rücklagen genannt). Die offenen Rücklagen werden in der Bilanz ausgewiesen. Die stillen Reserven hingegen tauchen in der Bilanz gar nicht auf. Sie können beispielsweise entstehen, wenn der Buchwert eines Vermögensgegenstands unter dem Marktwert liegt. Wichtig: Ein externer Leser kann stille Reserven nicht in der Bilanz erkennen. Sie bleiben für ihn unsichtbar.

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Beispiel: In der Bilanz ist ein bebautes Grundstück mit 500.000 Euro aktiviert. Doch die Immobilienpreise haben sich verändert und der Marktwert liegt mittlerweile bei 800.000 Euro. Es sind also stille Reserven in Höhe von 300.000 Euro vorhanden.

Wenn also stille Reserven vorhanden sind, dann wirkt das Eigenkapital in der Bilanz geringer, als es tatsächlich ist. Auch der Gewinn ist dann geringer, als er tatsächlich wäre. Doch wenn die stillen Reserven aufgelöst werden, beispielsweise im obigen Fall durch den Verkauf der Immobilie, dann wird der Gewinn realisiert. Das bringt übrigens auch mit sich, dass der Gewinn entsprechend besteuert wird.

Offene Rücklagen in der Bilanz

Offene Rücklagen werden in der Bilanz beim Eigenkapital ausgewiesen. Das Eigenkapital wird nach § 266 Handelsgesetzbuch (HGB) wie folgt gegliedert:

Eigenkapital: I Gezeichnetes Kapital; II Kapitalrücklage; III Gewinnrücklagen:

  1. gesetzliche Rücklage;
  2. Rücklage für Anteile an einem herrschenden oder mehrheitlich beteiligten Unternehmen;
  3. satzungsmäßige Rücklagen;
  4. andere Gewinnrücklagen;

IV Gewinnvortrag/Verlustvortrag; V Jahresüberschuss/Jahresfehlbetrag.

Daraus wird also ersichtlich: Es gibt verschiedene Arten von Rücklagen in der Bilanz.

Verschiedene Arten von Rücklagen in der Bilanz

Wenn es um die Frage geht, wie eine Rücklage zu buchen ist, muss betrachtet werden, welche Rücklagen es gibt.

Für eine Kapitalrücklage wird dem Unternehmen von außen Vermögen zugeführt. Nach §272 HGB sind als Kapitalrücklage auszuweisen

  1. der Betrag, der bei der Ausgabe von Anteilen einschließlich von Bezugsanteilen über den Nennbetrag oder, falls ein Nennbetrag nicht vorhanden ist, über den rechnerischen Wert hinaus erzielt wird;
  2. der Betrag, der bei der Ausgabe von Schuldverschreibungen für Wandlungsrechte und Optionsrechte zum Erwerb von Anteilen erzielt wird;
  3. der Betrag von Zuzahlungen, die Gesellschafter gegen Gewährung eines Vorzugs für ihre Anteile leisten;
  4. der Betrag von anderen Zuzahlungen, die Gesellschafter in das Eigenkapital leisten.

Die Gewinnrücklagen werden unterteilt in

  1. gesetzliche Rücklage;
  2. Rücklage für Anteile an einem herrschenden oder mehrheitlich beteiligten Unternehmen;
  3. satzungsmäßige Rücklagen;
  4. andere Gewinnrücklagen;

Je nach Rechtsform sind Unternehmen verpflichtet, gesetzliche Rücklagen zu bilden. Gesetzliche Rücklagen müssen Aktiengesellschaften (AG), Kommanditgesellschaften auf Aktien (KGaA), Genossenschaften und Unternehmergesellschaften (UG) bilden. Sie werden aus dem Jahresüberschuss gebildet und nicht ausgeschüttet. Mehr über gesetzliche Rücklagen und satzungsmäßige Rücklagen erfahren Sie hier.

Rücklagenart entscheidet über Buchung und Auflösung

Wie eine Rücklage gebildet und gebucht wird, hängt also danach ab, um welche Art von Rücklage es sich handelt. Auch inwiefern eine Rücklage aufgelöst und verwendet werden kann, hängt von der Rücklagenart ab. Hier können Steuerberater:innen Unternehmen bei den buchhalterischen Fragen unterstützen. Bei einer gesetzlichen Rücklage sind beispielsweise die Auflösung und Verwendung nicht ohne Weiteres möglich.

Besonderheit: Rücklagen in der Steuerbilanz und Beispiele

Besonderheiten im Zusammenhang mit Rücklagen sind in der Steuerbilanz zu beachten. Die Bilanzgliederung erfolgt wie bei der Handelsbilanz. Also auch in der Steuerbilanz sind die offenen Rücklagen beim Bilanzposten "Eigenkapital" zu finden. Und auch in einer Steuerbilanz können stille Reserven enthalten sein. Doch es gibt einige Feinheiten:

So können beispielsweise bestimmte Rücklagen steuerfrei gebildet werden. Typische Beispiele sind hier die Rücklage für Ersatzbeschaffung oder auch die Reinvestitionsrücklage (§ 6b EStG). Warum sollte so eine Rücklage überhaupt gebildet werden?

Rücklage für Ersatzbeschaffung

Mit dieser Maßnahme werden stille Reserven übertragen bzw. nicht sofort aufgedeckt. Bei der Rücklage für Ersatzbeschaffung wird beispielsweise die stille Reserve eines Wirtschaftsguts, dass aus dem Betriebsvermögen ausscheidet, auf ein Ersatzwirtschaftsgut übertragen. Wenn ein Wirtschaftsgut des Anlage- oder Umlaufvermögens aufgrund höherer Gewalt oder infolge oder zur Vermeidung eines behördlichen Eingriffs gegen eine Entschädigung aus dem Betriebsvermögen ausscheidet und alsbald ein funktionsgleiches Ersatzwirtschaftsgut angeschafft werden soll, kommt die Rücklagenbildung infrage. Allerdings muss die Reinvestition innerhalb einer bestimmten Frist erfolgen.

Wichtig: Die Finanzverwaltung gewährt momentan Erleichterungen bei den Reinvestitionsfristen (vgl. Schreiben des Bundesfinanzministeriums vom 20. September 2022, IV C 6 - S 2138/19/10002 :003).

Rücklage nach § 6b EStG

Ähnlich ist das Verfahren bei einer Rücklage nach § 6b EStG. Wird ein Wirtschaftsgut veräußert, müssten die stillen Reserven eigentlich mit der Veräußerung aufgedeckt (und somit auch versteuert) werden. Doch dem kann durch eine Rücklagenbildung entgegengewirkt werden. Es kommt also zu einem sog. Steuerstundungseffekt.

Hinweis: Vor allem in der Steuerbilanz sind Rücklagen ein beliebtes bilanzpolitisches Mittel. Im Steuerbereich gibt es zudem weitere besondere Rücklagen. So werden beispielsweise durch Erlasse der Finanzverwaltung im Zusammenhang mit Katastrophen häufig steuerliche Rücklagen gewährt, um Unternehmen zu entlasten. Für Unternehmen kann es empfehlenswert sein, Steuerberatung in Anspruch zu nehmen, um zu analysieren, welche Möglichkeiten es gibt und welche Vorgehensweise steuerlich hier besonders empfehlenswert wäre.

Rückstellungen und Rücklagen

Rücklagen sollten nicht mit Rückstellungen verwechselt werden. Auf den ersten Blick gibt es zwar Ähnlichkeiten: Auch bei den Rückstellungen werden Mittel zunächst zurückgelegt, um diese zu einem späteren Zeitpunkt zu verwenden. Doch die Rücklagen sind dem Eigenkapital zuzuordnen, während Rückstellungen zum Fremdkapital eines Unternehmens gehören.

Bei den Rückstellungen werden die Mittel für ein kostenverursachendes Ereignis zurückgestellt, auf das sich das Unternehmen finanziell einstellen muss. Die exakte Höhe der Verpflichtung ist dabei häufig noch nicht bekannt. Ein typisches Beispiel ist hier die Steuerrückstellung. Das Unternehmen weiß, dass es Steuern bezahlen muss. Doch wie hoch die Steuerzahlung sein wird, ist noch nicht bekannt. Das Unternehmen stellt bereits Mittel für die anstehende Steuerzahlung zurück.

Rücklagen: Beispiel

Wie kann man sich die Berechnung und Bildung einer Rücklage vorstellen? Nehmen wir den Fall der gesetzlichen Rücklage: Eine Unternehmergesellschaft (UG) muss 25 % des Jahresüberschusses in eine gesetzliche Rücklage einstellen (vgl. § 5a Abs. 3 GmbHG).

Die Berechnung kann folgendermaßen erfolgen: (Jahresüberschuss abzgl. Verlustvortrag aus dem Vorjahr) x 0,25 = Betrag, der in die gesetzliche Rücklage einzustellen ist

Die Unternehmergesellschaft A wurde im Jahr 2020 gegründet. Während im Jahr 2020 noch ein Jahresfehlbetrag erzielt wurde, gelang es dem Unternehmen im Jahr 2021 einen Jahresüberschuss von 14.000 Euro zu generieren. Aus 2020 besteht jedoch noch ein Verlustvortrag von 2.000 Euro. Die Berechnung lautet:

14.000 Euro – 2.000 Euro = 12.000 Euro x 0,25 = 3.000 Euro

Das Unternehmen muss also 3.000 Euro der gesetzlichen Rücklage zuführen.

Fazit: Rücklagen dienen der Risikovorsorge

Rücklagen sind für das Liquiditätsmanagement eines Unternehmens von großer Bedeutung. Sie können die Selbstfinanzierung eines Unternehmens, insbesondere in wirtschaftlich herausfordernden Zeiten, erheblich stärken. Zudem können steuerfreie Rücklagen strategisch eingesetzt werden, um die Steuerplanung zu optimieren und damit erneut die Liquidität zu verbessert. Dabei müssen jedoch strenge gesetzliche Vorschriften eingehalten werden. Steuerberatung ist hier unerlässlich, um ein späteres schlimmes Erwachen (zum Beispiel im Rahmen einer Betriebsprüfung) zu vermeiden.


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