Finanzierung durch Rückstellungen: Wie klappt das?
Die Finanzierung durch Rückstellungen bietet Unternehmen eine Finanzierungsmöglichkeit, die unabhängig von externen Geldgebern ist. Damit sie funktioniert, müssen Rückstellungen und Investitionen gut geplant werden. Alles Wichtige rund um die Rückstellungsfinanzierung lesen Sie in diesem Artikel.
Finanzierung durch Rückstellungen: Warum überhaupt?
Unternehmen nutzen die Finanzierung durch Rückstellungen als Form der Innenfinanzierung. Dadurch müssen sie nicht auf externe Geldmittel zurückgreifen, und können sich so Kredite und andere Verpflichtungen in Form von Dividenden- oder Gewinnausschüttungen sparen, die bei der Fremdfinanzierung vonnöten wären.

Was sind Rückstellungen?
Rückstellungen sind Verbindlichkeiten, denen ein Unternehmen mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit nachkommen muss, deren auszuzahlender Betrag jedoch noch nicht exakt bekannt ist.
Planmäßige Rückstellungen
Zu den planmäßigen Rückstellungen zählen beispielsweise Pensionsrückstellungen, die das Unternehmen für seine Mitarbeiter:innen aufbaut. Sie werden zu einem späteren Zeitpunkt im Rahmen der betrieblichen Altersvorsorge an die Rentner:innen ausbezahlt.
Rückstellungen für Steuern werden gebildet, um Steuern bezahlen zu können, die noch nicht an das Finanzamt abgeführt wurden, z.B. die Gewerbe- oder Körperschaftssteuer. Im Rechnungswesen spricht man dabei von einer ungewissen Verbindlichkeit. Man weiß zwar, dass man Steuern zahlen muss, doch der konkrete Betrag ist noch nicht bekannt.
Außerplanmäßige Rückstellungen
Neben diesen planmäßigen Rückstellungen gibt es noch die außerplanmäßigen. Dazu zählen zum Beispiel erwartete Prozesskosten, wenn ein Unternehmen beispielsweise von einem Mitbewerber wegen Patentrechtsverletzungen verklagt wird oder wenn es zu einem arbeitsgerichtlichen Strafprozess kommt.
Abgrenzung zu Rücklagen
Nicht zu verwechseln sind Rückstellungen mit Rücklagen. Bei Rückstellungen handelt es sich aus Bilanzsicht um Fremdkapital, denn es bestehen Verbindlichkeiten. Rücklagen sind angehäuftes Eigenkapital, an das keine Zahlungsverpflichtungen geknüpft sind. Über Rücklagen kann das Unternehmen frei verfügen und es kann selbst entscheiden, wie viel an Rücklagen es bilden möchte.
Finanzierung durch Rückstellungen zur Innenfinanzierung
Ein Unternehmen kann sich nur durch Rückstellungen finanzieren, wenn es zuvor Gewinne erwirtschaftet hat, denn nur dann ist es möglich, Rückstellungen zu bilden. Da langfristige Rückstellungen erst zu einem späteren Zeitpunkt in Anspruch genommen werden, kann das Unternehmen diese Mittel dann für Investitionen verwenden.
Diese Art der Finanzierung birgt auch ein gewisses Risiko, denn wenn die Rückstellungen in Anspruch genommen werden müssen, müssen sie wieder zur Verfügung stehen. Das heißt, das Unternehmen muss dann dafür sorgen, dass die Rückstellungen entweder kurzfristig wieder neu gebildet werden oder die benötigten Mittel anderweitig beschafft werden.
Zur Innenfinanzierung durch Rückstellungen eignen sich deshalb nur langfristige Rückstellungen, die in absehbarer Zeit nicht abgerufen werden, z.B. Pensionsrückstellungen. Steuerrückstellungen sind zur Innenfinanzierung dagegen nicht geeignet. Da Rückstellungen auch eine Aufwendung darstellen, mindern sie zudem den Gewinn des Unternehmens, was sich positiv auf die Besteuerung auswirkt.
Vorteile & Nachteile bei der Finanzierung aus Rückstellungen
Vorteile
Wenn langfristige Rückstellungen (z.B. Pensionsrückstellungen) zur Finanzierung von kurzfristigen Investitionen genutzt werden, kann sich das Unternehmen die Aufnahme eines Kredits sparen und schont seine Liquidität.
Außerdem senken Rückstellungen den Gewinn des Unternehmens. Das bedeutet, dass weniger Gewinn ausgeschüttet werden muss und die Steuerlast geringer ist. Sorgt das Unternehmen dafür, dass die Mittel für Rückstellungen regelmäßig neu gebildet werden, kann es sich sehr günstig finanzieren: Auf der einen Seite spart es Steuern und Gewinnausschüttungen, auf der anderen muss es keine anderen Mittel zur Finanzierung beschaffen.
Nachteile
Größter Nachteil der Finanzierung aus Rückstellungen ist, dass der Planungsaufwand hoch ist. Denn es muss beachtet werden, dass die Rückstellungen auf Abruf zur Verfügung stehen müssen.
Werden beispielsweise Pensionsrückstellungen zur Finanzierung genutzt, muss genau durchgerechnet werden, wann für welche Mitarbeiter:innen die Pension ausbezahlt werden muss. Dies muss dann im Investitionsplan berücksichtigt werden, sodass die Pensionen in jedem Fall rechtzeitig und betragsgenau ausbezahlt werden können.
Hat das Unternehmen zudem mehr Abflüsse als Zuflüsse, oder kann es aus anderen Gründen keine neuen Rückstellungen bilden, ist die Finanzierung per Rückstellungen sehr riskant. Denn das Unternehmen läuft dann Gefahr, seinen Verbindlichkeiten nicht nachzukommen.

Finanzierungseffekt bei Rückstellungen
Wenn man Rückstellungen zur Finanzierung nutzen möchte, kommt es vor allem auf eine gute Planung an, sodass das Unternehmen nicht Gefahr läuft, die Rückstellungen bei Fälligkeit nicht auszahlen zu können. Die Investitionen und das Bilden neuer Rückstellungen müssen also vorausgeplant werden.
Mit einer soliden Planung kann ein wirtschaftlich erfolgreiches Unternehmen seinen Finanzierungsbedarf zum Teil sehr gut aus Rückstellungen stemmen. Werden nur die langfristigen Rückstellungen angezapft, ist das Risiko gering, dass man bis zu deren Fälligkeiten keine neuen Rückstellungen gebildet hat. Bei kurzfristigen Investitionen, bei denen nur kleine Summen zur Verfügung stehen müssen, eignen sich Rückstellungen besonders gut.
Beispiel für Finanzierung durch Rückstellungen
Möchte ein Unternehmen zum Beispiel bald seine Produktionskapazitäten in Form einer neuen Maschine erweitern, schaut es sich zuerst an, wie hoch die langfristigen Rückstellungen sind und welche Fälligkeiten diese haben.
Gehen wir davon aus, die Maschine kostet 200.000 Euro. Das Unternehmen beschließt also, Rückstellungen von 50.000 Euro aufzubauen, die dann zur Anschaffung der Maschine genutzt werden. Die restlichen 150.000 Euro werden zum Teil aus Eigenkapital und einem Bankkredit finanziert.
Die 50.000 Euro an Rückstellungen werden beim Erstellen der GuV als Aufwendungen verbucht, wodurch sich der Gewinn des Unternehmens (auf dem Papier) reduziert. Erzielt das Unternehmen zum Beispiel einen Gewinn von 120.000 Euro, muss es nur auf eine Summe von 70.000 Euro Steuern zahlen.
Ist die Finanzierung durch Rückstellungen eine Fremdfinanzierung?
Auch wenn Rückstellungen Mittel sind, die aus dem Unternehmensgewinn gebildet werden, sind sie aus Sicht der Bilanz Fremdkapital. Somit stellen sie eine Art der (internen) Fremdfinanzierung dar.
Grund dafür ist, dass Rückstellungen immer für einen bestimmten Zweck gebildet werden, damit das Unternehmen später finanziellen Verpflichtungen nachkommen kann.
Werden Rückstellungen für die Finanzierung für Investitionen genutzt, werden sie sozusagen zweckentfremdet und den zukünftigen Gläubigern vorenthalten. Deswegen muss das Unternehmen dafür Sorge tragen, dass bei der Entnahme von Rückstellungen auch bald wieder neue in derselben Höhe gebildet werden.
