Wann müssen gesetzliche Rücklagen gebildet werden?

Für die Innenfinanzierung eines Unternehmens spielen Rücklagen eine große Rolle. So kann ein Unternehmen beschließen, dass ein Teil des erwirtschafteten Gewinns zurückbehalten wird, um beispielsweise in finanziell schwierigen Zeiten liquide zu bleiben. Etwaige Verluste können auf diese Weise ausgeglichen werden. Es handelt sich also um eine Maßnahme, die zur Existenzsicherung dient. Wenn ausreichend Rücklagen vorhanden sind, können Unternehmen diese auch verwenden, um bestimmte Investitionen zu finanzieren. Rücklagen basieren nicht nur auf Freiwilligkeit. Viele Unternehmen müssen sogar gesetzliche Rücklagen bilden. Es handelt sich um eine Verpflichtung, die insbesondere davon abhängig ist, welche Rechtsform ein Unternehmen hat. Hier erfahren Sie, wann gesetzliche Rücklagen gebildet werden müssen und wie diese zu berechnen sind.
Gewinnrücklagen: Gesetzliche Rücklagen
Es gibt verschiedene Rücklagen, die auf der Passivseite der Bilanz beim Eigenkapital als Gewinnrücklage ausgewiesen werden. Das Handelsrecht schreibt in § 266 HGB folgende Gliederung vor:
Gewinnrücklagen:
- gesetzliche Rücklage
- Rücklage für Anteile an einem herrschenden oder mehrheitlich beteiligten Unternehmen
- satzungsmäßige Rücklagen
- andere Gewinnrücklagen
Die Steuerbilanz orientiert sich in der Regel an der Gliederung des Eigenkapitals nach dem Handelsrecht.

Gesetzliche Rücklage: Definition
Bei der gesetzlichen Rücklage handelt es sich also um eine Gewinnrücklage, die aufgrund einer gesetzlichen Vorschrift gebildet werden muss und auf der Passivseite der Bilanz ausgewiesen wird. Doch welche Unternehmen müssen überhaupt gesetzliche Rücklagen bilden?
Das betrifft nicht alle Unternehmen. Aktiengesellschaften (AG) sind nach § 150 Aktiengesetz (AktG) verpflichtet. Auch Kommanditgesellschaften auf Aktien (KGaA) und Genossenschaften müssen gesetzliche Rücklagen bilden. Außerdem müssen Unternehmergesellschaften (UG) gesetzliche Rücklagen bilden – obwohl GmbHs hierzu nicht verpflichtet sind. Es hängt also von der Rechtsform ab.

Gesetzliche Rücklage einer AG und KGaA
Nach dem Aktiengesetz müssen Unternehmen in der Rechtsform einer AG oder einer KGaA den zwanzigsten Teil (also 5 %) des um einen Verlustvortrag aus dem Vorjahr geminderten Jahresüberschusses in eine gesetzliche Rücklage einstellen, bis die gesetzliche Rücklage und die Kapitalrücklagen nach § 272 Abs. 2 Nr. 1 bis 3 des Handelsgesetzbuchs zusammen den zehnten (also 10%) oder den in der Satzung bestimmten höheren Teil des Grundkapitals erreichen. Wurde der Mindestbetrag erreicht, endet die Pflicht zu Zuführung in eine gesetzliche Rücklage.
Die einfache Berechnungsformel lautet also: Jahresüberschuss abzgl. Verlustvortrag aus dem Vorjahr = Vorläufiges Ergebnis Vorläufiges Ergebnis x 0,05 = Betrag, der in die gesetzliche Rücklage einzustellen ist
Beispiel: Eine Aktiengesellschaft erzielt einen Jahresüberschuss in Höhe von 800.000 Euro. Ein Verlustvortrag aus dem Vorjahr besteht nicht. Für dieses Beispiel wird davon ausgegangen, dass die 10 %-Grenze noch nicht erreicht ist. 5 % des Jahresüberschusses sind also in die gesetzliche Rücklage einzustellen: 800.000 Euro x 0,05 = 40.000 Euro.
Hinweis: Veränderungen der Kapital- und Gewinnrücklagen werden in der Gewinn- und Verlustrechnung erst nach dem Posten „Jahresüberschuss/Jahresfehlbetrag“ ausgewiesen (§ 275 Abs. 4 HGB).
Verwendung der gesetzlichen Rücklage und 10%-Grenze
Bei der Berechnung der gesetzlichen Rücklage muss geprüft werden, ob die 10%-Grenze nach § 150 AktG bereits erreicht wurde. Wenn die gesetzliche Rücklage und die Kapitalrücklagen nach § 272 Abs. 2 Nr. 1 bis 3 HGB zusammen nicht 10 % des Grundkapitals erreichen, darf die gesetzliche Rücklage nur verwendet werden, um einen Jahresfehlbetrag auszugleichen, soweit er nicht durch einen Gewinnvortrag aus dem Vorjahr gedeckt ist und nicht durch Auflösung anderer Gewinnrücklagen ausgeglichen werden kann oder zum Ausgleich eines Verlustvortrags aus dem Vorjahr, soweit er nicht durch einen Jahresüberschuss gedeckt ist und nicht durch Auflösung anderer Gewinnrücklagen ausgeglichen werden kann.
Ansonsten darf die gesetzliche Rücklage nicht anderweitig zur Verwendung kommen. Anders sieht es aus, wenn die 10%-Grenze bereits erreicht ist. In diesem Fall kann das Unternehmen den übersteigenden Betrag verwenden zum Ausgleich eines Jahresfehlbetrags, soweit er nicht durch einen Gewinnvortrag gedeckt ist oder zum Ausgleich eines Verlustvortrags aus dem Vorjahr, der nicht durch einen Jahresüberschuss gedeckt ist oder zur Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln nach §§ 207–220 AktG.
Der Ausgleich eines Jahresfehlbetrags oder eines Verlustbetrags ist aber nur zulässig, wenn nicht gleichzeitig Gewinnrücklagen zur Gewinnausschüttung aufgelöst werden. So bestimmt es § 150 AktG. Für das Liquiditätsmanagement ist es also wichtig, die Höhe der gesetzlichen Rücklage im Blick zu behalten und verschiedene Optionen zu prüfen.
Gesetzliche Rücklage und Gewinnverwendung
Wenn ein Jahresüberschuss erwirtschaftet wurde, wollen Unternehmen diesen natürlich auch einsetzen. Denkbar ist, dass eine AG beispielsweise Dividenden ausschüttet. Alternativ kann ein Unternehmen beschließen, einen Teil des Betrags in eine Rücklage einzustellen. Das ist auch die Regel, denn wenn eine AG den Jahresüberschuss immer in voller Höhe ausschütten würde, hätte sie nie die Möglichkeit, Rücklagen zu bilden und damit Mittel für Investitionen oder Krisenzeiten zu reservieren.
Bei gesetzlichen Rücklagen ist das keine Option, sondern sogar zwingend. Deshalb müssen Unternehmen hier entsprechende Berechnungen vornehmen und können nicht einfach den kompletten Jahresüberschuss ausschütten (vgl. hier zum Schema auch § 158 AktG).
Wichtig: In der Hauptversammlung wird u.a. abgestimmt, in welcher Höhe Rücklagen gebildet werden.
Was passiert, wenn eine gesetzliche Rücklage nicht gebildet wurde?
Wenn Unternehmen eine gesetzliche Rücklage bilden müssen, dies jedoch versäumen, dann führt das zur Nichtigkeit des Jahresabschlusses. Wenn jedoch der Jahresabschluss nichtig ist, ist auch der Gewinnverwendungsbeschluss nichtig. Für die Reputation eines Unternehmens wäre das ein massiver Schaden. Es liegt also auf der Hand, dass Unternehmen dieser Verpflichtung unbedingt nachkommen müssen.
Berechnung der gesetzlichen Rücklage bei Unternehmergesellschaften (UG)
Auch Unternehmergesellschaften müssen gesetzliche Rücklagen bilden. Doch warum müssen Unternehmergesellschaften (UG) das überhaupt? Eine GmbH muss dies schließlich nicht.
Die Erklärung hierfür ist recht einfach: Eine UG kann auch mit nur wenig Stammkapital gegründet werden. In der Regel wird dann eine UG gegründet, wenn noch nicht ausreichend Kapital vorhanden ist, um eine GmbH zu gründen. Das Mindestkapital bei einer GmbH liegt bei 25.000 Euro.
Für eine UG ist es nicht nur eine Option, einen Teil des Gewinns zurückzulegen, damit eine Umwandlung zur GmbH später gelingen kann. Sie ist gesetzlich verpflichtet, 25 % des Jahresüberschusses in eine gesetzliche Rücklage einzustellen (vgl. § 5a Abs. 3 GmbHG). Die Berechnung unterscheidet sich also von der gesetzlichen Rücklage bei eine AG oder KGaA.
Gesetzliche Rücklage: Steuerbilanz UG und Auflösung
Auch in der Steuerbilanz der UG wird die gesetzliche Rücklage ausgewiesen. Dies erfolgt so lange, bis die UG in eine GmbH umgewandelt wird. In diesem Fall wird die gesetzliche Rücklage aufgelöst und das Stammkapital erhöht. Die gesetzliche Rücklage wird also verwendet (vgl. § 5a Abs. 3 Nr. 1 GmbHG).
Zuführung der gesetzlichen Rücklage einer UG berechnen
Wie kann die UG die gesetzliche Rücklage berechnen? Hier bildet sich folgende Formel an:
Jahresüberschuss abzgl. Verlustvortrag aus dem Vorjahr = Vorläufiges Ergebnis
Vorläufiges Ergebnis x 0,25 = Betrag, der in die gesetzliche Rücklage einzustellen ist
Gesetzliche Rücklage: Beispiel UG
Eine UG hat einen Jahresüberschuss von 11.000 Euro erzielt. Aus dem Vorjahr besteht jedoch noch ein Verlustvortrag von 3.000 Euro. Die Berechnung lautet:
11.000 Euro – 3.000 Euro = 8.000 Euro x 0,25 = 2.000 Euro
Ergebnis: Die UG muss 2.000 Euro der gesetzlichen Rücklage zuführen.
Satzungsmäßige Rücklagen
Gesetzliche Rücklagen sind grundsätzlich nicht zu verwechseln mit satzungsmäßigen Rücklagen. Eine Gesellschaft kann zwar in der Satzung festlegen, bestimmte Teile des Gewinns in eine Rücklage einzustellen. Das entscheidende Wörtchen hier ist „kann“. Bei einer gesetzlichen Rücklage hat die Gesellschaft keine Wahl. Sie muss die Rücklage bilden. Allerdings sei darauf hingewiesen, dass Gesellschaften natürlich auch satzungsmäßige Pflichten erfüllen müssen.
Gesetzliche Rücklage: Genossenschaft
Auch Genossenschaften müssen gesetzliche Rücklagen bilden. Entsprechende Regelungen müssen in der Satzung getroffen werden. Nach § 7 GenG muss die Satzung einer Genossenschaft die Bildung einer gesetzlichen Rücklage bestimmen, welche zur Deckung eines aus der Bilanz sich ergebenden Verlustes zu dienen hat, sowie die Art dieser Bildung, insbesondere den Teil des Jahresüberschusses, welcher in diese Rücklage einzustellen ist, und den Mindestbetrag der letzteren, bis zu dessen Erreichung die Einstellung zu erfolgen hat.