Warum Unternehmen sich einer Restrukturierung stellen müssen

Die Wirtschaftswelt verändert sich, auch durch die digitale Transformation, immer schneller. Selbst etablierte Unternehmen können unter Druck geraten, mit den Entwicklungen Schritt zu halten. Langjährig bewährte Geschäftsmodelle können auf einmal stagnieren. Wenn Unternehmen feststellen, dass ihr Alltagsgeschäft immer weniger Rentabilität vorweist, dann besteht Handlungsbedarf. Manchmal führen einzelne Maßnahmen bereits zum Erfolg. Doch wenn das nicht ausreicht, kann eine Restrukturierung die Chance sein, eine (drohende) Unternehmenskrise zu überwinden. Was ist eine Restrukturierung? Und wann wird sie von Unternehmen angestrebt? Hier ein kleiner Einblick:
Warum Unternehmen sich einer Transformation stellen
Die deutsche Wirtschaft steht unter erheblichem Druck. Steigende Preise, Lieferengpässe, die wirtschaftlichen Folgen des Ukraine-Kriegs und der Corona-Pandemie sind nur einige Faktoren, die den Unternehmen zu schaffen machen. Doch auch die digitale Transformation und der Fachkräftemangel sorgen dafür, dass immer mehr Unternehmen ihr eigenes Tun und Handeln hinterfragen müssen.

Für die Studie „Restrukturierung und Transformation 2022“ der Beratungsgesellschaft Atreus wurden im Juni 2022 insgesamt 1.000 Spitzenführungskräfte verschiedener Branchen befragt. Die Ergebnisse zeigen, dass der Restrukturierungsbedarf in vielen Firmen gestiegen ist. Die deutliche Mehrheit der Befragten rechnet mit mehr Insolvenzanmeldungen. Und mehr als jeder fünfte Befragte sieht in einem veralteten Geschäftsmodell die Hauptursache für eine Insolvenzanmeldung.
Einfach weiter verfahren, wie bisher, scheint also keine Option zu sein. Viele Unternehmen müssen einen Wandel anstreben. Die digitale Transformation sorgt bereits seit einigen Jahren dafür, dass Prozesse radikal verändert werden. Doch durch politische und wirtschaftliche Entwicklungen wird dieser Transformationsdruck nun noch erheblich erhöht. Allein schon aufgrund der Lieferkettenprobleme können Unternehmen die Situation nicht aussitzen. Sie benötigen dringend Ideen, wie sie ihr Geschäftsmodell und die dahinterliegenden Prozesse erfolgreich gestalten können. Eine Restrukturierung kann oft die einzige Option sein, eine drohende Insolvenz abzuwenden.

Restrukturierung als Chance für Unternehmen
Der Begriff Restrukturierung wird häufig negativ belegt. Hintergrund ist, dass Massenentlassungen von Arbeitnehmer:innen oder auch radikale Kostensparmaßnahmen in einigen Fällen als Restrukturierung angekündigt wurden. Doch hinter einer Restrukturierung stecken vielfältige Möglichkeiten unterschiedlichster Ausprägung. Nicht immer muss eine Massenentlassung damit einhergehen.
Viele Unternehmensstrukturen sind komplex. Auch wenn ein Wunsch nach Veränderung besteht, so ist die Umsetzung eines tiefgreifenden Wandels alles andere als einfach. Eine erfolgreiche Restrukturierung kann ein Neustart für das Unternehmen sein. Das Ziel ist ein sog. Turnaround. Die Restrukturierung soll also bei einer Abwärtsspirale die Wende bringen. Eine erfolgreiche Restrukturierung kann eine Unternehmenskrise abwenden. Es gibt zahlreiche unterschiedliche Ansätze, wie eine Restrukturierung erfolgen kann. Daher gibt es auch nicht die „eine Variante“. Vereinfacht sollte die Restrukturierung wie folgt ablaufen:
- Analyse der Unternehmenssituation
- Definition von Maßnahmen
- Umsetzung der Maßnahmen
Entscheidend ist der Zeitpunkt einer Restrukturierung. Wenn ein Unternehmen bereits sehr früh erkennt, dass es mit der aktuellen Unternehmensstrategie mit Wettbewerbern möglicherweise langfristig nicht mehr mithalten kann, dann können viele unterschiedliche Ansätze gewählt werden. Doch wenn ein Unternehmen bereits erhebliche Liquiditätsengpässe hat und die Unternehmenskrise bereits eingetreten ist, dann sind die Möglichkeiten aufgrund des Zeitdrucks deutlich limitierter.
Restrukturierung: Beispiele verschiedener Maßnahmen
Bei einer Restrukturierung können beispielsweise finanzielle Maßnahmen ergriffen werden, wie
- Sanierungsmaßnahmen
- Kostensenkungsmaßnahmen
- Entlassungen
- Kapitalerhöhungen
- Outsourcing
Doch auch organisatorische Maßnahmen sind denkbar, wie
- Änderung oder Neuausrichtung des Geschäftsmodells
- Veränderungen im Management
- Änderung der Unternehmenskultur
Restrukturierung: Beispiel für zu späte Erkenntnisse
Nicht jede Restrukturierung gelingt. Der Faktor Zeit spielt eine große Rolle für die Erfolgsaussichten einer Restrukturierung. Wer zu lange wartet und bereits rote Zahlen schreibt, hat häufig kaum noch Spielraum, das Ruder umzudrehen.
In diesem Zusammenhang wird häufig auf das prominente Beispiel des Konzerns Kodak verwiesen. Als noch analog fotografiert wurde, war Kodak die Marke schlechthin für Fotofilme und Fotoausrüstung. Doch das Unternehmen hat zu spät erkannt, welche Entwicklungen sich durch die digitale Fotografie anbahnten. Zu lange hielt es in der Strategie mit dem Fokus auf Analogfotografie fest. Sämtliche Restrukturierungsversuche kamen zu spät: Im Jahr 2012 meldete der Konzern Insolvenz an.
Restrukturierung und Sanierung
Restrukturierung und Sanierung werden begrifflich häufig synonym verwendet. Das ist jedoch nicht ganz richtig: Zwar kann im Rahmen einer Restrukturierung eine Sanierung vorgenommen werden. Doch bei einer Restrukturierung ist der tiefgreifende Wandel gemeint. Bei einer Sanierung werden sofort Maßnahmen ergriffen, um die Liquidität zu sichern bzw. wiederherzustellen.
Restrukturierung und Sanierung im Zusammenhang mit einer Insolvenz Eine Insolvenz muss nicht immer automatisch das Aus eines Unternehmens bedeuten. Eine Sanierung ist durchaus denkbar. So kann beispielsweise ein Insolvenzplan bzw. Sanierungsplan erstellt werden und durch verschiedene Maßnahmen das Unternehmen wieder auf Kurs gebracht werden. Beratung ist hierbei unerlässlich, um prüfen zu können, ob das Unternehmen eine reelle Chance hat, saniert zu werden.
Die Insolvenz ist in Eigenverwaltung denkbar. So ist beispielsweise auch das Schutzschirmverfahren als Sanierungsansatz möglich. Lesen Sie dazu auch: Insolvenz: Was tun, wenn das Kapital nicht mehr ausreicht? Eine außergerichtliche Möglichkeit gibt es seit 2021 durch das sog. StaRUG. Unternehmen, die noch nicht zahlungsunfähig sind, können sich damit in eigener Regie und außerhalb einer Insolvenz sanieren. Mehr dazu lesen Sie hier.
Restrukturierung macht Beratung unerlässlich
Ein tiefgreifender Wandel eines Unternehmens gelingt in der Regel nur, wenn dieser auch durch Fachexperten begleitet werden. Es gibt zahlreiche Kanzleien und Beratungsgesellschaften, die sich auf die Thematik spezialisiert haben. Es sollte nicht unterschätzt werden, wie wichtig hier Expertenwissen ist. Ein tiefgreifender Wandel hat allein auf rechtlicher Ebene unterschiedlichste Auswirkungen.
So müssen beispielsweise Kenntnisse über das Insolvenzrecht, Arbeitsrecht oder auch Gesellschaftsrecht vorliegen, damit die richtigen Maßnahmen zum richtigen Zeitpunkt ergriffen werden können. Fristen müssen beachtet werden. Und nicht zuletzt auch steuerliche Gesichtspunkte analysiert werden. Hier benötigen Unternehmen ein Gesamtkonzept, welches der Komplexität der Restrukturierung auch gerecht wird.
Doch auch weitere Gesichtspunkte spielen eine große Rolle: Wie agieren Wettbewerber? Wie verändern Themen wie Digitalisierung und Nachhaltigkeit das Geschäft als Ganzes? Hier müssen Unternehmen ihre bisherige Strategie genau unter die Lupe nehmen (lassen) und überlegen, wie sie sich auch in Zukunft stark auf dem Markt positionieren können. Das heißt auch, den Vertrieb, das Marketing und viele weitere Bereiche ggf. neu auszurichten.
Restrukturierung und Arbeitsrecht
Ein gutes Beispiel für den Beratungsbedarf im Rahmen einer Restrukturierung bildet das Arbeitsrecht. Manch ein Unternehmen hat beispielsweise in der Corona-Pandemie Kurzarbeit angeordnet, damit Personalentlassungen vermieden werden können. Durch Kurzarbeitergeld sollen Entgeltausfälle minimiert werden.
- Wann ist Kurzarbeit möglich?
- Wer kann entsprechende Anträge stellen?
- Welche Formen und Fristen sind zu beachten?
- Und wie hoch ist dann das Kurzarbeitergeld?
- Ist eine Restrukturierung während Kurzarbeit überhaupt möglich?
Da die Auswirkungen hier für den Betrieb und seine Arbeitnehmer:innen erheblich sind, sollte entsprechend Beratung in Anspruch genommen werden. Wenn jedoch Entlassungen sich nicht vermeiden lassen, liegt es auf der Hand, dass hier mit Sensibilität vorgegangen werden muss. Es können nicht einfach willkürlich Entlassungen ausgesprochen werden. Der Betriebsrat muss ggf. entsprechend informiert und beteiligt werden. Zudem müssen strenge arbeitsrechtliche Vorschriften eingehalten werden, damit die Kündigung wirksam ist. Welche Folgen beispielsweise Outsourcing für einen kompletten Unternehmensbereich?
Bei Restrukturierungsmaßnahmen müssen also arbeitsrechtliche Folgen beachtet werden. Hier sollten Unternehmen sich anwaltlichen Rat einholen, um mögliche Risiken im Vorfeld abklären zu können.
Fazit: Restrukturierungsbedarf erkennen
Viele Unternehmen müssen im Laufe der Zeit Restrukturierungsmaßnahmen ergreifen, um auch auf Dauer erfolgreich zu bleiben und die Existenz zu sichern. Doch Voraussetzung dafür ist, dass der Restrukturierungsbedarf überhaupt frühzeitig erkannt wird. Wesentliche Daten dafür liefert das Liquiditätsmanagement. So können beispielsweise Rentabilitäts- und Cashflow-Kennzahlen Hinweise auf eine mögliche Fehlentwicklung liefern. Diese Daten sollten jedoch möglichst aktuell sein.
Auch Wettbewerbsanalysen, Szenario-Analysen und viele weitere Instrumente können genutzt werden, um eigene Stärken und Schwächen aufzudecken. Klar ist: Je aufmerksamer ein Unternehmen hier vorgeht, desto besser kann die eigene Strategie ausgerichtet werden. Das eigene Zahlenwerk liefert hier wesentliche Erkenntnisse – wenn es genutzt wird!