Ist ein negativer Cashflow immer gleich ein Grund zur Sorge?

Wenn der Cashflow negativ ist, klingeln schnell die Alarmglocken. Doch was sagt ein negativer Cashflow aus? Und welche Folgen kann das mit sich bringen? Hier eine kleine Einordnung:
Negativer Cashflow in einem Unternehmen
Damit man verstehen kann, was ein negativer Cashflow für ein Unternehmen bedeutet, muss man sich zunächst einmal mit dem Cashflow selbst befassen.

Der Begriff Cashflow bezeichnet im Deutschen den „Geldfluss“ eines Unternehmens. Gängig sind auch Begriffe wie Zahlungsstrom, Zahlungsmittelüberschuss oder auch Kassenzufluss. Beim Cashflow handelt es sich um eine Kennzahl, die den Überschuss von Einzahlungen über Auszahlungen ermittelt. Es können unterschiedliche Zahlungsgrößen betrachtet werden.
In einer Kapitalflussrechnung werden diese Cashflow-Größen angegeben. Der Rechnungslegungsstandard DRS 21 ist hierbei zu beachten. Nicht jedes Unternehmen ist nach dem HGB (§ 297, § 264) verpflichtet, eine Kapitalflussrechnung zu veröffentlichen. Doch viele Unternehmen machen dies bereits standardmäßig freiwillig. Dabei werden verschiedene Cashflow-Unterarten betrachtet:
- Operativer Cashflow (= Cashflow aus laufender Geschäftstätigkeit).
- Cashflow aus Finanzierungstätigkeit
- Cashflow aus Investitionstätigkeit

Negativer Cashflow: Bedeutung
Doch was bedeutet es, wenn sich ein negativer Cashflow ergibt? Befindet sich das Unternehmen dann automatisch direkt in einer Krise? Dazu sollte man die verschiedenen Cashflow-Arten näher betrachten:
Negativer Cashflow aus laufender Geschäftstätigkeit
Der Cashflow aus laufender Geschäftstätigkeit wird auch als operativer Cashflow bezeichnet. Mit dieser Kennzahl werden die liquiden Mittel, die durch die laufende Geschäftstätigkeit erwirtschaftet werden, beschrieben. Bei Unternehmen, die eine Kapitalflussrechnung erstellen, wird der operative Cashflow entsprechend veröffentlicht.
Die Berechnung kann nach der direkten oder indirekten Methode erfolgen. Die Formeln sehen demnach vereinfacht wie folgt aus:
Direkte Methode: Zahlungswirksame Einnahmen -zahlungswirksame Ausgaben = Cashflow
Indirekte Methode Jahresüberschuss / Jahresfehlbetrag +nicht zahlungswirksame Aufwendungen (z.B. Abschreibungen) -nicht zahlungswirksame Erträge (z.B. Zuschreibungen) +/- Zunahme/Abnahme langfristiger Rückstellungen = Cashflow
Der operative Cashflow gilt als Indikator dafür, wie es um die Innenfinanzierungskraft eines Unternehmens steht. Was heißt es also, wenn das Ergebnis der Berechnung negativ ist? In diesem Zusammenhang fällt häufig schnell der Begriff der "Geldverbrennung". Ist das Unternehmen also schon ernstlich gefährdet?
Wenn der operative Cashflow kurzfristig negativ ist, muss noch keine Unternehmenskrise vorliegen. Es ist ein Signal dafür, dass liquide Mittel aus dem Unternehmen abgeflossen sind. Doch der operative Cashflow muss aufmerksam betrachtet werden. Langfristig gesehen führt ein negativer operativer Cashflow dazu, dass die liquiden Mittel ausgehen. Ist also der operative Cashflow auf Dauer negativ, kann das Unternehmen zahlungsunfähig und somit insolvent werden.
Wichtig: Der operative Cashflow ist ein wichtiger Indikator zu der Frage, welche liquiden Mittel das Unternehmen aus dem laufenden Geschäft erwirtschaftet. Diese Kennzahl sollte langfristig betrachtet werden.
Negativer Cashflow aus Finanzierungstätigkeit
Mit dem Cashflow aus Finanzierungstätigkeit werden alle Zu- und Abflüsse im Zusammenhang mit Finanzierungen gegenübergestellt. Beispielsweise Kapitaleinlagen, Dividendenzahlungen, ausgegebene und zurückgezahlte Darlehen, Kontokorrentkredite von Aktionären usw. Der Cashflow aus Finanzierungstätigkeit wird nach der indirekten Methode wie folgt ermittelt (vgl. Gabler Wirtschaftslexikon):
Einzahlungen aus Eigenkapitalzuführungen (z. B. Kapitalerhöhungen, Verkauf eigener Anteile) -Auszahlungen an Unternehmenseigner und Minderheitsgesellschafter (Dividenden, Erwerb eigener Anteile, Eigenkapitalrückzahlungen, andere Ausschüttungen) +Einzahlungen aus der Begebung von Anleihen und der Aufnahme von (Finanz-)Krediten -Auszahlungen aus der Tilgung von Anleihen und (Finanz-)Krediten = Cashflow aus der Finanzierungstätigkeit
Ein negativer Cashflow aus Finanzierungstätigkeit muss nicht zwingend ein schlechtes Zeichen sein. Wurde beispielsweise ein großer Kredit zurückgezahlt und kein neuer Kredit aufgenommen, so kann der Cashflow negativ werden. Dies an sich ist jedoch erst einmal nicht besorgniserregend.
Negativer Cashflow aus Investitionstätigkeit
Der Cashflow aus Investitionstätigkeit betrachtet die Ein- und Auszahlungen eines Unternehmens im Zusammenhang mit Investitionen. Als gängige Formel nach der indirekten Methode gilt (vgl. Gabler Wirtschaftslexikon):
Einzahlungen aus Abgängen von Gegenständen des Sachanlagevermögens +Einzahlungen aus Abgängen von Gegenständen des immateriellen Anlagevermögens -Auszahlungen für Investitionen in das Sachanlagevermögen -Auszahlungen für Investitionen in das immaterielle Anlagevermögen +Einzahlungen aus Abgängen von Gegenständen des Finanzanlagevermögens -Auszahlungen für Investitionen in das Finanzanlagevermögen +Einzahlungen aus dem Verkauf von konsolidierten Unternehmen und sonstigen Geschäftseinheiten -Auszahlungen aus dem Erwerb von konsolidierten Unternehmen und sonstigen Geschäftseinheiten +Einzahlungen aufgrund von Finanzmittelanlagen im Rahmen der kurzfristigen Finanzdisposition -Auszahlungen aufgrund von Finanzmittelanlagen im Rahmen der kurzfristigen Finanzdisposition = Cashflow aus der Investitionstätigkeit
Was bedeutet es, wenn der Cashflow aus Investitionstätigkeit negativ ist? Das ist zunächst nicht besorgniserregend. Ein Unternehmen, dass viel investiert, erzielt auch einen negativen Cashflow aus Investitionstätigkeit. Lesen Sie dazu auch: Was sagt der Cash Flow aus Investitionstätigkeit aus?
Negativer Free Cashflow
Eine weitere interessante Berechnungsgröße ist der Free Cashflow. Mit diesem "freien Cashflow" kann eine Aussage getroffen werden zur Dividendenfähigkeit und den vorhandenen Mitteln zur Rückführung von Fremdkapital. Wenn also der Free Cashflow negativ ist, so sind weder Mittel für die Ausschüttung von Dividenden noch Mittel für die Rückzahlung eines Kredites vorhanden.
Der Free Cashflow wird wie folgt ermittelt: Operativer Cashflow –Cashflow aus Investitionstätigkeiten = Free Cashflow
Auch hier gilt: Kurzfristig muss ein negativer Free Cashflow noch nicht direkt ein erhebliches Problem darstellen. Es hängt auch immer vom betrachteten Zeitraum ab. Doch ein negatives Ergebnis sollte aufmerksam machen. Das Liquiditätsmanagement sollte analysieren, warum ein negativer Cashflow erzielt wurde und mit welchen Maßnahmen der Cashflow verbessert werden kann.
Negativer Cashflow trotz Gewinn
Der Cashflow ist nicht gleichzusetzen mit einem Gewinn. Wenn ein Unternehmen die Gewinn- und Verlustrechnung erstellt, werden nicht nur zahlungswirksame Aufwendungen und Erträge einander gegenübergestellt. Auch Positionen, wie beispielsweise Abschreibungen, beeinflussen den Gewinn des Unternehmens, obwohl faktisch keine Zahlungen geflossen sind. Deshalb gilt der Cashflow als aussagekräftiger in Bezug auf die Finanzkraft des Unternehmens.
Beim Cashflow werden die Zahlungsströme eines Unternehmens betrachtet. Nicht zahlungswirksame Aufwendungen/Erträge bleiben hierbei außen vor. Deshalb kann es durchaus vorkommen, dass der Cashflow negativ ist, obwohl das Unternehmen einen Gewinn erzielt hat.
Beispiel: Das Unternehmen investiert 1.300.000 Euro in eine neue Produktionsanlage. Der Betrag wird im Januar 2022 bezahlt. Im Jahresabschluss wird diese Anlage über die Nutzungsdauer abgeschrieben. Doch bei der Berechnung des Cashflows liegt eine zahlungswirksame Aufwendung von 1.300.000 Euro im Jahr 2022 für diese Investition vor.
Umgekehrt kann es auch vorkommen, dass der Cashflow positiv ist, obwohl das Unternehmen einen Verlust erzielt hat. Wurden beispielsweise wenig zahlungswirksame Aufwendungen in einem Jahr geleistet, sind jedoch noch hohe Abschreibungen vorzunehmen, so kann das zu einem Verlust bei der GuV führen, obwohl der Cashflow positiv ist.
Wichtig: Der Gewinn eines Unternehmens wird auf der Basis einer anderen Berechnung ermittelt als der Cashflow. __Der Cashflow und der Jahresüberschuss in der Bilanz sind nicht dasselbe! __
Fazit: Negativer Cashflow muss genau betrachtet werden
Wenn der Cashflow eines Unternehmens negativ ist, muss das Liquiditätsmanagement genauer hinschauen. Warum ist der Cashflow negativ? Wurde beispielsweise gerade eine hohe Investition getätigt?
Wenn jedoch auf Dauer ein negativer operativer Cashflow erzielt wird, dann müssen Maßnahmen ergriffen werden. Die Liquidität muss gesichert werden!