Warum das Anlagevermögen so wichtig ist für Unternehmen

Lesezeit: 6 min.
Eine gesetzliche Definition für Anlagevermögen findet sich in § 247 Absatz 2 HGB.

Ein Unternehmen verfügt über ein gewisses Vermögen, das natürlich auch bilanziert werden muss. In der Bilanzierung fallen häufig Begriffe wie Anlagevermögen oder auch Umlaufvermögen. So heißt es zum Beispiel in § 247 Absatz 1 Handelsgesetzbuch (HGB): "In der Bilanz sind das Anlage- und das Umlaufvermögen, das Eigenkapital, die Schulden sowie die Rechnungsabgrenzungsposten gesondert auszuweisen und hinreichend aufzugliedern."

Doch wie kann man die Begriffe definieren und unterscheiden? Wie wird das Vermögen zugeordnet? Und warum hat beispielsweise gerade das Anlagevermögen auch so viel Einfluss auf das Liquiditätsmanagement? Dieser Beitrag erklärt die wichtigsten Grundsätze.

Anlagevermögen: Definition im HGB

Eine gesetzliche Definition für Anlagevermögen findet sich in § 247 Absatz 2 HGB. Demnach sind nur die Gegenstände beim Anlagevermögen auszuweisen, die bestimmt sind, dauernd dem Geschäftsbetrieb zu dienen. Es muss sich also um Güter handeln, die in dem Unternehmen für längere Zeit zur Nutzung bestimmt sind. Zudem müssen die Güter selbstständig nutzbare Wirtschaftsgüter sein.

Neuer Report: Liquiditätsplanung 2022
Achtung: Gegenstände im Anlagevermögen können abnutzbar oder auch nicht abnutzbar sein. Wertminderungen werden durch Abschreibungen berücksichtigt.

Wie man Anlagevermögen und Umlaufvermögen unterscheiden kann

Im Rechnungswesen unterscheidet man zwischen dem Anlagevermögen und Umlaufvermögen. Güter, die dem Unternehmen für längere Zeit dienen sollen, werden wie beschrieben dem Anlagevermögen zugeordnet. Ein typisches Beispiel wäre hier die Büroausstattung. Ein Schreibtisch in der Verwaltung des Unternehmens ist beispielsweise ein Gegenstand, der dem Geschäftsbetrieb dauernd dient.

Zum Umlaufvermögen hingegen gehören Güter, die verkauft oder verarbeitet werden sollen. Wenn also beispielsweise ein Schreinereiunternehmen Schreibtische selbst herstellt und verkauft, dann gehören diese Schreibtische zum Umlaufvermögen.

Anlagevermögen: Beispiele

Einige Beispiele sollen verdeutlichen, wann ein Wirtschaftsgut dem Anlagevermögen zuzuordnen ist.

  • Ein Unternehmen kauft ein neues Regal für sein Lagerhaus. Das Regal dient also dem Unternehmen und soll auch dauerhaft genutzt werden. Es handelt sich um Anlagevermögen.
  • Ein Autohaus kauft 20 Fahrzeuge, um diese weiterzuveräußern. Es handelt sich nicht um Anlagevermögen, denn die Wirtschaftsgüter sollen dem Betrieb nicht längere Zeit dienen. Sie sind zum Verkauf vorgesehen und damit Umlaufvermögen.
  • Ein Unternehmen kauft einen neuen Pkw, der als Firmenwagen genutzt werden soll. Das Fahrzeug soll dem Betrieb also langfristig dienen und stellt Anlagevermögen dar.

Bewertung von Anlagevermögen

Wie wird das Anlagevermögen bewertet? § 253 Absatz 1 HGB bestimmt, dass Vermögensgegenstände höchstens mit den Anschaffungs- oder Herstellungskosten, vermindert um die Abschreibungen, anzusetzen sind. Die Anschaffungskosten bzw. Herstellungskosten sind also entscheidend. Der Wert von abnutzbaren Wirtschaftsgütern wird außerdem um planmäßige Abschreibungen gemindert.

Besonderheiten gelten, wenn außergewöhnliche Wertminderungen eintreten. Wenn beispielsweise ein Gegenstand vollkommen zerstört wird, dann muss auch eine entsprechende Abschreibung vorgenommen werden. Auch Teilwertabschreibungen können erforderlich sein.

Den Überblick zum Anlagevermögen behalten

Wenn man einmal bedenkt, wie viele Gegenstände zum Beispiel für den Betrieb eines mittelständischen Unternehmens erforderlich sind, dann wird schnell deutlich, dass es sich hier um zahlreiche Daten handeln kann. Wie behält man hier den Überblick? Unternehmen führen hierfür ein Verzeichnis, in dem das Anlagevermögen aufgelistet ist. Dokumentiert wird hier u.a. die Anschaffung der Gegenstände, die Abschreibungen und der Restbuchwert zum Bilanzstichtag.

Hinweis: Detaillierte gesetzliche Regelungen zur Dokumentation des Anlagevermögens durch einen Anlagespiegel finden sich in § 284 HGB. Zur Aufstellung eines Anlagespiegels sind allerdings nicht alle Unternehmen verpflichtet.
Anlagenbuchführung leicht gemacht: Unternehmen müssen keine langen Exceltabellen zum Anlagevermögen mehr manuell führen. Eine moderne Buchhaltungssoftware ermöglicht die Aufstellung ohne großen Zeitaufwand und berechnet auch planmäßige Abschreibungen und den Restbuchwert auf Knopfdruck. Auch hier zeigt sich also: Wer bereits digitale Tools nutzt, kann viel Zeit sparen und stattdessen mehr Ressourcen in die Datenanalyse bzw. Bilanzanalyse stecken.

Anlagevermögen berechnen

Im Zusammenhang mit dem Anlagevermögen können Unternehmen zahlreiche Analysen vornehmen. Die Höhe des Anlagevermögens ergibt sich aus der Buchhaltung.

Doch mit einigen Kennzahlen können weitere Erkenntnisse gesammelt werden. So kann ein Unternehmen beispielsweise mit der Kennzahl Anlagenintensität ermitteln, wie hoch der Anteil des Anlagevermögens am Gesamtvermögen ist. Die Formel lautet:

*Anlagenintensität = Anlagevermögen / Gesamtvermögen *

Auch der Abnutzungsgrad kann ermitteln werden. Die Kennzahl bewährt sich, wenn berechnet werden soll, wann eine Ersatzinvestition voraussichtlich erforderlich wird. Die Formel lautet:

*Anlagenabnutzungsgrad = kumulierte Abschreibungen auf Sachanlagen * 100 / Anschaffungskosten Anlagevermögen *

Unternehmen können also zur Steuerung des Unternehmensvermögens durch den Einsatz verschiedener Kennzahlen wichtige Erkenntnisse sammeln und ggf. Maßnahmen ableiten.

Anlagevermögen in der Bilanz

Wo findet man das Anlagevermögen in der Bilanz? § 266 HGB gibt hier eine klare Gliederung vor: Das Anlagevermögen ist auf der Aktivseite auszuweisen. Es wird untergliedert nach:

Immaterielle Vermögensgegenstände

  1. Selbst geschaffene gewerbliche Schutzrechte und ähnliche Rechte und Werte;
  2. entgeltlich erworbene Konzessionen, gewerbliche Schutzrechte und ähnliche Rechte und Werte sowie Lizenzen an solchen Rechten und Werten;
  3. Geschäfts- oder Firmenwert;
  4. geleistete Anzahlungen;

Sachanlagen

  1. Grundstücke, grundstücksgleiche Rechte und Bauten einschließlich der Bauten auf fremden Grundstücken;
  2. technische Anlagen und Maschinen;
  3. andere Anlagen, Betriebs- und Geschäftsausstattung;
  4. geleistete Anzahlungen und Anlagen im Bau;

Finanzanlagen

  1. Anteile an verbundenen Unternehmen;
  2. Ausleihungen an verbundene Unternehmen;
  3. Beteiligungen;
  4. Ausleihungen an Unternehmen, mit denen ein Beteiligungsverhältnis besteht;
  5. Wertpapiere des Anlagevermögens;
  6. sonstige Ausleihungen.

Welche Gegenstände nicht aktiviert werden dürfen, regelt § 248 HGB. So gilt für selbst geschaffene Marken, Drucktitel, Verlagsrechte, Kundenlisten oder vergleichbare immaterielle Vermögensgegenstände des Anlagevermögens ein Aktivierungsverbot.

Auch die Aufwendungen für die Gründung eines Unternehmens, für die Beschaffung von Eigenkapital oder den Abschluss von Versicherungsverträgen dürfen nicht aktiviert werden. Für selbst geschaffene immaterielle Vermögenswerte gilt nach § 248 Absatz 2 HGB ein Wahlrecht.

Übrigens: Auch das Umlaufvermögen wird auf der Aktivseite der Bilanz ausgewiesen. In der Regel wird es unterteilt in

  1. Vorräte,
  2. Forderungen und sonstige Vermögensgegenstände,
  3. Wertpapiere und
  4. Kassenbestand, Bundesbankguthaben, Guthaben bei Kreditinstituten und Schecks.
Hinweis: Bei der Gewinnermittlung nach § 4 Absatz 3 Einkommensteuergesetz (EStG) – also durch Einnahme-Überschussrechnung – wird kein Anlagevermögen in dem Sinne geführt. Allerdings werden auch hier die Abschreibungen der entsprechenden Wirtschaftsgüter gewinnermindernd berücksichtigt.

Anlagevermögen ausbuchen

Es kann verschiedene Gründe geben, warum Anlagevermögen ausgebucht werden muss. Zum Beispiel

  • wenn Gegenstände verkauft oder verschenkt werden,
  • wenn Gegenstände zerstört wurden,
  • wenn ein Unternehmer den Gegenstand in sein Privatvermögen entnimmt.

Die Buchhaltung muss so einen Vorgang berücksichtigen.

6 Schritte und Tools zu mehr Unternehmenssicherheit

Steuerliche Besonderheiten bei geringwertigen Wirtschaftsgütern

Im Steuerrecht gibt es die Möglichkeit, sog. geringwertige Wirtschaftsgüter bereits im Jahr der Anschaffung bzw. Herstellung komplett als Betriebsausgaben geltend zu machen. Was heißt das?

Wie bereits beschrieben, werden abnutzbare Güter des Anlagevermögens planmäßig abgeschrieben. Die Anschaffungs- oder Herstellungskosten werden also über eine gewisse Nutzungsdauer verteilt gewinnmindernd geltend gemacht.

Das Steuerrecht bietet die Wahlmöglichkeit, dass Wirtschaftsgüter von geringem Wert bereits komplett im Jahr der Anschaffung/Herstellung sofort abgeschrieben werden können (§ 6 Abs. 2 EStG). Auch die Bildung sog. Sammelposten ist möglich. Für die Steuerplanung sind das attraktive Optionen.

Wenn beispielsweise bereits absehbar ist, dass Wirtschaftsgüter mit geringem Wert angeschafft werden sollen, kann es von Vorteil sein, die Anschaffung bereits im laufenden Jahr vorzunehmen oder eben damit bis zum nächsten Geschäftsjahr zu warten, wenn dies steuerlich günstiger ist. Das wiederum kann die Liquidität eines Unternehmens entsprechend entlasten. Wichtig dabei ist, dass es sich um ein Wahlrecht handelt. Falls es für das Unternehmen günstiger ist, die geringwertigen Wirtschaftsgüter zu aktivieren und über die Nutzungsdauer verteilt planmäßig abzuschreiben, so ist auch das möglich.

Bedeutung von Anlagevermögen für die Unternehmensfinanzierung

Das Anlagevermögen spielt im Liquiditätsmanagement eine große Rolle. Beispielsweise:

  • Die Anschaffung von Anlagevermögen muss häufig finanziert werden. Die Aufnahme von Krediten ist also gerade hier regelmäßig erforderlich.
  • Die Anschaffung und Herstellung von Anlagevermögen ist für Unternehmen häufig auch mit großem finanziellen Aufwand verbunden. Viel Kapital wird dann in diesen Gütern langfristig gebunden.
  • Wertverluste wirken sich auf die Gewinnsituation des Unternehmens aus. Abschreibungen bei abnutzbaren Wirtschaftsgütern müssen gebucht werden.
  • Wie bereits beschrieben, bieten sich im Zusammenhang mit dem Anlagevermögen verschiedene steuerliche Gestaltungsoptionen. Wer die Steuerbelastung kurz- oder langfristig senken will, benötigt hier eine entsprechende Strategie.
  • Das Anlagevermögen wird auch von Kreditgebern und Investoren unter die Lupe genommen. Wenn beispielsweise ein Kredit aufgenommen werden soll, dann bietet das Anlagevermögen Sicherheiten. Hier können Unternehmen also durchaus auch punkten. Wer über kaum Anlagevermögen verfügt, kann auch weniger Sicherheiten bieten.
New call-to-action

Melden Sie sich für unseren Newsletter an.

Das wird Ihnen auch gefallen