Wozu dient die Abgrenzungsrechnung in der FInanzbuchhaltung?

Lesezeit: 6 min.
Um zu verstehen, warum überhaupt eine Abgrenzungsrechnung zum Einsatz kommt, muss man einen Blick auf das Rechnungswesen als solches werfen.

Für die Kosten- und Erlösrechnung werden zahlreiche Informationen aus der Finanzbuchhaltung verwendet. Doch diese Daten können nicht immer 1:1 übernommen werden. Die Finanzbuchhaltung und die Kosten- und Erlösrechnung unterscheiden sich an vielen Stellen. Mithilfe der Abgrenzungsrechnung können die Daten der Finanzbuchhaltung aufbereitet werden. Hier ein Überblick:

Abgrenzungsrechnung im Rechnungswesen

Um zu verstehen, warum überhaupt eine Abgrenzungsrechnung zum Einsatz kommt, muss man einen Blick auf das Rechnungswesen als solches werfen. Im Finanzbereich wird bei einem sog. Zweikreissystem unterschieden zwischen

  • internem Rechnungswesen und
  • externem Rechnungswesen.
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Das externe Rechnungswesen ist vielen besonders geläufig. Es handelt sich dabei um die Rechnungslegung nach dem Handelsgesetzbuch. Häufig wird das externe Rechnungswesen als Rechnungskreis I bezeichnet. Mithilfe der Finanzbuchhaltung werden Geschäftsvorfälle erfasst und aufgezeichnet. Das externe Rechnungswesen ist nicht optional – Unternehmen müssen Aufzeichnungen vornehmen. Sie sind hierzu gesetzlich verpflichtet.

So gibt es beispielsweise klare Regelungen, wie ein Jahresabschluss zu erstellen ist. Der Jahresabschluss besteht dabei sowohl aus einer Bilanz als auch einer Gewinn- und Verlustrechnung, sowie ggf. einem Lagebericht und einem Anhang. Das Unternehmen ermittelt hierbei den Jahresüberschuss bzw. Jahresfehlbetrag, der innerhalb eines Geschäftsjahres erzielt wurde. Die Adressaten des Jahresabschlusses sind insbesondere externe Personen und Stellen, wie beispielsweise das Finanzamt oder eine Bank.

Das interne Rechnungswesen wiederum unterstützt die Unternehmensleitung bei der Kontrolle oder Planung des Unternehmens. Ein wichtiger Bestandteil ist hierbei die Kosten- und Erlösrechnung. Die Kosten- und Erlösrechnung (häufig auch einfach Kostenrechnung, Kosten-Leistungsrechnung bzw. Rechnungskreis II genannt) bedient sich zwar an den Daten der Finanzbuchhaltung, muss jedoch besondere Berechnungen vornehmen, um die Daten nutzen zu können. Hier kommt die Abgrenzungsrechnung zum Einsatz.

Die Daten im internen und externen Rechnungswesen sind also nicht identisch. Zu beachten ist außerdem, dass die Kostenrechnung nicht nach strengen gesetzlichen Vorgaben erstellt werden muss. Unternehmen können also die Prozesse individuell gestalten. So beispielsweise die Frage, wie regelmäßig welche Berechnungen erfolgen.

Übrigens: Werden die Finanzbuchhaltung und die Kostenrechnung in einem Abrechnungskreis erfasst, spricht man von Einkreissystem. In diesem Beitrag soll jedoch das Zweikreissystem betrachtet werden.

Bedeutung der Abgrenzungsrechnung für ein Unternehmen

In der Finanzbuchhaltung werden Aufwendungen und Erträge erfasst. Die Kostenrechnung hingegen befasst sich mit Kosten und Erlösen. Die unterschiedlichen Begrifflichkeiten lassen es bereits vermuten: Die Berechnungen unterscheiden sich in einigen Punkten.

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So werden beispielsweise in der Finanzbuchhaltung neutrale Aufwendungen und neutrale Erträge erfasst. In der Kostenrechnung werden diese jedoch nicht beachtet. Die Abgrenzungsrechnung stellt sicher, dass diese Erträge und Aufwendungen überhaupt nicht auftauchen. Warum? Gesetzlich sind Unternehmen verpflichtet, auch neutrale Aufwendungen in der Finanzbuchhaltung zu buchen. Häufig werden in diesem Zusammenhang steuerliche Gestaltungsspielräume genutzt, um die Steuerbelastung niedrig zu halten.

Doch in der Kostenrechnung sollen Erlöse und Kosten eines betrieblichen Leistungsprozesses gegenübergestellt werden, damit eine Aussage zur Wirtschaftlichkeit des Prozesses getroffen werden kann.

Neutrale Aufwendungen und neutrale Erträge stehen nicht im Zusammenhang mit der betrieblichen Leistungsprozess. Ein typisches Beispiel ist hier die Spende eines Unternehmens. In der Finanzbuchhaltung muss dieser Vorfall zwingend gebucht werden. In der Kostenrechnung würde es jedoch zu verfälschten Ergebnissen führen, wenn Spenden als Kosten berücksichtigt werden würden. Denn bei der Spende handelt es sich nicht um Kosten, die im direkten Zusammenhang mit der betrieblichen Leistungserstellung steht.

Stellen Sie es sich vor: Würde man diesen Unterschied nicht machen und den Aufwand für die Spende beispielsweise bei den Kosten für die Produktion eines Artikels berücksichtigen, dann könnte dies dazu führen, dass der Eindruck entsteht, ein bestimmtes Produkt würde zu viele Kosten verursachen und werfe kaum Gewinn ab. Ohne die Abgrenzungsrechnung könnte es also zu Fehlentscheidungen kommen. Dies hätte auch erhebliche Auswirkungen auf das komplette Liquiditätsmanagement.

Umgekehrt werden in der Kosten- und Leistungsrechnung bestimmte Kosten und Erlöse miteinbezogen, die in der Finanzbuchhaltung nicht vorzufinden sind. Typisches Beispiel sind hier die kalkulatorischen Kosten. Doch dazu später mehr.

Abgrenzungsrechnung: Definition

Bei der Abgrenzungsrechnung handelt es sich um ein Instrument, dass zur Anwendung kommt, damit die Daten der Finanzbuchhaltung für die Kostenrechnung verwendet werden können. Sie stellt sicher, dass Erträge und Aufwendungen, die für die Kostenrechnung nicht relevant sind, unberücksichtigt bleiben.

Abgrenzung zwischen Aufwand und Kosten

Für die Kosten- und Erlösrechnung müssen Abgrenzungen vorgenommen werden. Betrachten wir einmal die Kostenseite genauer: Wie verhält es sich mit Kosten und Aufwendungen? In der Betriebswirtschaftslehre unterscheidet man zwischen verschiedenen Kostenkategorien:

  1. Grundkosten
  2. Neutraler Aufwand
  3. Kalkulatorische Kosten

Grundkosten sind besonders einfach bei der Datenaufbereitung

Besonders einfach ist die Datenaufbereitung in der Kostenrechnung bei sog. Grundkosten. Es handelt sich hierbei um Kosten, die in gleicher Höhe Aufwendungen in der Buchhaltung vorkommen. Das heißt: Diese Posten stimmen sowohl in der Kostenrechnung als auch in der Finanzbuchhaltung wertmäßig überein. Besondere Berechnungen sind hier bei der Datenaufbereitung also gar nicht erforderlich.

Neutraler Aufwand bleibt unberücksichtigt

Von einem neutralen Aufwand spricht man, wenn in der Finanzbuchhaltung zwar Aufwand erfasst wurde, jedoch in der Kostenrechnung keine Kosten zu berücksichtigen sind. Die neutralen Aufwendungen werden untergliedert in

  • betriebsfremde Aufwendungen (zum Beispiel Spenden oder auch Zinsaufwendungen),
  • außerordentliche Aufwendungen (zum Beispiel Schaden aufgrund einer Naturkatastrophe),
  • periodenfremde Aufwendungen (zum Beispiel Steuernachzahlung).

Mit der Abgrenzungsrechnung wird sichergestellt, dass der neutrale Aufwand unberücksichtigt bleibt.

Übrigens: Auch neutrale Erträge sind in der Kostenrechnung abzugrenzen.

Abgrenzungsrechnung und kalkulatorische Kosten

Außerdem müssen kalkulatorische Kosten berechnet werden. Kosten, denen kein (wertmäßig gleicher) Aufwand in der Finanzbuchhaltung gegenübersteht, werden als kalkulatorische Kosten bezeichnet. Hier unterscheidet man zwischen

  • Anderskosten und
  • Zusatzkosten.

Von Anderskosten wird gesprochen, wenn in der Finanzbuchhaltung zwar für den Posten ebenfalls ein Aufwand gegenübersteht, dieser sich jedoch wertmäßig unterscheidet. Ein typisches Beispiel sind hier Abschreibungen. In der Bilanzierung werden bei den Abschreibungen häufig auch Gestaltungsspielräume genutzt, beispielsweise um den Steuerbilanzgewinn zu mindern und somit auch die Steuerbelastung möglichst niedrig zu halten. Doch in der Kosten- und Leistungsrechnung sollen Wertminderungen möglichst verursachergerecht zugeordnet werden. Hier liegen also vollkommen unterschiedliche Betrachtungsweisen vor.

Von Zusatzkosten spricht man, wenn es sich um Kosten handelt, denen kein Aufwand gegenübersteht. Diese werden häufig als sog. aufwandslose Kosten bezeichnet. Typische Beispiele hierfür sind kalkulatorische Zinsen oder auch kalkulatorische Miete.

Abgrenzungsrechnung: Kostenrechnerische Korrekturen

In der Kostenrechnung müssen kostenrechnerische Korrekturen vorgenommen werden. Bei den kostenrechnerischen Korrekturen werden Aufwendungen, die in der Buchhaltung für die Gewinn- und Verlustrechnung gebucht wurden, für die Kostenrechnung übergeleitet und ggf. in anderer Höhe berücksichtigt.

Abgrenzungsrechnung: Rechnungskreis 1 und 2

Damit ein wirtschaftliches Ergebnis berechnet werden kann, müssen die Daten aus dem Rechnungskreis 1 (Daten der Finanzbuchhaltung) und dem Rechnungskreis 2 (Kosten- und Leistungsrechnung) erfasst werden.

Mit der Abgrenzungsrechnung das Betriebsergebnis ermitteln

Durch den Einsatz der Abgrenzungsrechnung kann das betriebswirtschaftliche Ergebnis berechnet werden. Dabei können vereinfacht folgende Schritte beachtet werden:

  • Daten aus dem Rechnungskreis I (Finanzbuchhaltung) aufführen
  • Neutrale Aufwendungen und Erträge abgrenzen
  • Kostenrechnerische Korrekturen vornehmen
  • Zusatzkosten berechnen und in die Kosten- und Leistungsrechnung übernehmen
  • Unternehmensergebnis ermitteln

Dies kann beispielsweise nach folgendem Schema erfolgen:

Ergebnistabelle

Fazit: Bessere Kontrolle mit der Abgrenzungsrechnung

Die Abgrenzungsrechnung stellt sicher, dass in der Kostenrechnung nur die Aufwendungen und Erträge aus der Finanzbuchhaltung berücksichtigt werden, die direkt mit der betrieblichen Leistungserstellung zusammenhängen. Daher werden neutrale Aufwendungen und neutrale Erträge abgegrenzt. Ausgangsbasis der Abgrenzungsrechnung sind die Daten der Finanzbuchhaltung.

Neben der Abgrenzung von neutralen Aufwendungen und neutralen Erträgen müssen jedoch auch kostenrechnerische Korrekturen vorgenommen werden sowie weitere Daten aus der Kostenrechnung ergänzt werden (wie kalkulatorische Zinsen), damit das betriebswirtschaftliche Ergebnis ermittelt werden kann. Für das Controlling sind diese Daten von großer Bedeutung. Sie sind die Ausgangsbasis weitreichender Entscheidungen.


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