Venture Debt: Vorteile und Nachteile der Finanzierungsform

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Der Begriff „Venture Capital“ ist weiterverbreitet als Venture Debt, und könnte deswegen schnell mit Letzterem verwechselt werden.

Bei Venture Debt handelt es sich um eine Finanzierungsform für vor allem junge Unternehmen, die kein oder nur sehr wenig Eigenkapital zu Verfügung haben. In diesem Artikel erfahren Sie, wie die Finanzierung durch Venture Debt genau funktioniert, was die Vor- und Nachteile sind, und wer diese Art der Finanzierung anbietet.

Venture Debt: Definition

Venture Debt ist einem Bankkredit im Grunde genommen sehr ähnlich. Ein Unternehmen erhält dabei eine bestimmte Summe an Geld und bezahlt dieses nach einem bestimmten Zeitraum zu einem zuvor vereinbarten festen Zinssatz wieder an den Kapitalgeber zurück. Üblich sind Zeitspannen von drei Jahren.

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Abgrenzung zu Venture Capital

Der Begriff „Venture Capital“ ist weiterverbreitet als Venture Debt, und könnte deswegen schnell mit Letzterem verwechselt werden. Es sind jedoch zwei verschiedene Arten der Unternehmensfinanzierung.

Während bei Venture Capital die Kapitalgeber im Austausch gegen ihr Geld Anteile am Unternehmen erhalten (meist Aktien), werden die Geldgeber bei Venture Debt in der Regel keine Teilhaber.

Venture-Capital-Geber investieren in ein Unternehmen mit dem Ziel, die Unternehmensanteile nach einigen Jahren mit möglichst hohem Gewinn komplett zu verkaufen. Dagegen erhalten Venture Debt-Geber ihre Kreditsumme plus Zinsen über einen bestimmten Zeitraum hinweg zurück. Zusätzlich kann bei Venture Debt jedoch auch noch vereinbart werden, dass der Kapitalgeber auch noch Unternehmensanteile erhält.

Unterscheidung nach Verwendungszweck

Je nach Verwendungszweck unterscheidet man bei Venture Debt-Finanzierungen nach verschiedenen Arten, die mit unterschiedlichen Risikobewertungen einhergehen.

Wachstumskapital

Am häufigsten wird Venture Debt als Wachstumskapital beantragt – insbesondere von noch sehr jungen Unternehmen (Start-Ups). Der Kredit dient dann dazu, das Unternehmen auszubauen, beispielsweise durch die Vergrößerung der Produktionsfläche, durch Einstellung neuer Mitarbeiter:innen, oder die Expansion in neue Märkte. Diese Variante ist mit den größten Risiken für die Kapitalgeber verbunden und wird deswegen auch mit den höchsten Zinssätzen einhergehen.

Betriebsmittelkredit

Venture Debt kann auch in Form eines Betriebsmittelkredits aufgenommen werden, zum Beispiel zur Anschaffung neuer Produktionsanlagen oder IT-Geräten. Hierbei sind die Risiken geringer, da die erworbenen Betriebsmittel im Fall einer Insolvenz leichter veräußert werden können, sodass die Geldgeber nicht ganz leer ausgehen. Die Chance, Venture Debt als Betriebsmittelkredit zu erhalten, ist für Unternehmen deutlich einfacher als der Erhalt von Wachstumskapital.

Verkauf von Forderungen

Das Unternehmen kann dem Venture Debt-Geber auch seine Forderungen verkaufen, zum Beispiel die offene Rechnung eines Kunden. Der Venture Debt-Geber bezahlt dann dem Unternehmen den Rechnungsbetrag gegen eine Gebühr und tritt mit der Forderung dann seinerseits an den Kunden heran. Bei diesem Vorgehen spricht man auch von Factoring.

Für Unternehmen ist dies von Vorteil, wenn die Liquidität sehr niedrig ist. Durch Factoring bleiben Unternehmen „flüssig“, denn sie müssen nicht warten, bis der Kunde eine Rechnung begleicht, sondern erhalten den Betrag sofort vom Venture Debt-Geber. Je nach Höhe der Rechnungssumme schätzt der Geldgeber ein Risiko ab und legt eine Gebühr fest, welche meist ein bestimmter prozentualer Anteil des Rechnungsbetrags ist.

Wo bekommt man eine Venture Debt-Finanzierung?

Die Venture Debt-Finanzierung ist vor allem in den USA schon seit einigen Jahren sehr weit verbreitet, während sie in Deutschland erst im Jahr 2018 angekommen ist, als die auf Venture Debt spezialisierte Silicon Valley Bank hierzulande eine Niederlassung gründete. Mittlerweile gibt es auf dem deutschen bzw. europäischen Markt mehr Anbieter.

Venture Debt: KfW-Kredit

Die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) hat 2019 das Venture Tech Growth Financing-Programm ins Leben gerufen, das auf die Vergabe von Venture Debt an Start-Ups mit Sitz in Deutschland abzielt. Dabei wird nicht nur das Wachstum finanziert, sondern auch Betriebsmittel, oder spezielle Kosten, die zum Beispiel im Rahmen des Börsengangs entstehen.

Voraussetzung neben dem Unternehmenssitz in Deutschland ist zudem, dass das Start-Up bereits einen privaten Darlehensgeber akquiriert hat. Der Antrag wird nicht direkt bei der KfW gestellt, sondern bei einem Finanzierungspartner, zum Beispiel einer Bank.

Weitere Venture Debt Anbieter

Neben der KfW bietet auch die Europäische Investitionsbank ein Venture Debt-Produkt an. Speziell können hier auch KMU einen Kredit beantragen, oder andere Unternehmen, die schon länger am Markt sind und ein größeres Wachstumsvorhaben geplant haben.

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Vor- und Nachteile von Venture Debt

Vorteile

Größter Vorteil von Venture Debt im Vergleich zu Venture Capital ist, dass die benötigten Geldmittel in der Regel schneller zur Verfügung stehen, da es einfacher ist, an Venture Debt heranzukommen als an Venture Capital.

Bei der Aufnahme von Venture Debt müssen meistens keine Stammanteile oder Unternehmensaktien im Austausch gegen Kapital herausgegeben werden. Das heißt, dass Gründer:innen unabhängiger sind in ihren Entscheidungen, weil Venture Debt-Geber in diesem Fall kein Mitspracherecht im Unternehmen haben.

Nachteile

Größter Nachteil ist unangefochten der hohe Zinssatz, der mit der Aufnahme von Venture Debt einhergeht. Je nach Höhe der Kreditsumme und des Risikos kann sich der Zinssatz zwischen 8% und 20% bewegen.

Manche Venture Debt-Geber fordern zusätzlich zum Zins auch noch Unternehmensanteile, was eine weitere Belastung darstellen kann, denn dadurch erhält der Kapitalgeber auch Mitspracherecht im Unternehmen.

Wann sollte man Venture Debt aufnehmen?

Wenn Liquiditätsengpässe überbrückt werden sollen, kann Venture Debt dafür die ideale Finanzierungsart sein – sofern eine Bank das Risiko scheut, einzuspringen. Gerade in der Anfangsphase des Unternehmens stellt Venture Debt häufig den einzig gangbaren Weg dar, um schnell an Geld zu kommen.

Aufgrund der hohen Zinsbelastung ist Venture Debt jedoch auch für Gründer:innen nicht ohne Risiko. Verläuft das Wachstum nicht wie geplant und der erwartete Erfolg stellt sich nicht oder nur unzureichend ein, kann es schwierig werden, die hohen Zinsen zurückzubezahlen.

Deshalb ist ein sorgfältiges Durchkalkulieren vor der Aufnahme von Venture Debt wichtig. Wenn die Tilgungsraten gerade so bezahlt werden können, sollten Unternehmer:innen lieber noch einmal überdenken, das Wachstum in kleineren Schritten zu finanzieren, damit sie sich nicht finanziell überheben.

Darüber hinaus ist es wichtig, dem Venture Debt-Geber so klar wie möglich das Geschäftsmodell darzustellen, aufzuzeigen wie hoch das Risiko ist, und wie die Unternehmensstrategie aussieht, damit keine Missverständnisse entstehen. Diese können nämlich zu ungünstigen Konditionen im Kreditvertrag oder zum vorzeitigen Ausstieg des Kapitalgebers führen. Nur wenn beide Seite einander verstehen, kann ein Vertrag ausgehandelt werden, der für alle Beteiligten akzeptabel ist.

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