Inkassoverfahren: Wie läuft das für Unternehmen tatsächlich ab?

Lesezeit: 5 min.
Beim Inkassoverfahren beauftragt der Gläubiger einen Dritten (einen sog. Inkassodienstleister).

Bei einem Inkassoverfahren treibt ein Dienstleister eine offene Forderung für den Gläubiger beim Schuldner ein. In der Unternehmenswelt kommt dies nicht selten vor. Wie ein solches Verfahren abläuft, wie und wann man es beantragt, erfahren Sie in diesem Artikel.

Inkassoverfahren: Was ist das?

Beim Inkassoverfahren beauftragt der Gläubiger einen Dritten (einen sog. Inkassodienstleister), eine offene Forderung bei seinem Schuldner einzutreiben. Kommt beispielsweise ein Kunde eines Unternehmens nicht seiner Zahlungsverpflichtung nach, kann das das Unternehmen ein Inkassoverfahren gegen ihn einleiten.

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Voraussetzungen

Mahnfrist muss abgelaufen und Leistung erbracht worden sein

Damit ein Inkassoverfahren eingeleitet werden kann, muss zunächst eine offene Forderung vorliegen (z.B. eine unbeglichene Rechnung), und bereits eine Mahnung verschickt worden, sofern es sich beim Schuldner um eine Privatperson handelt.

Außerdem muss nachgewiesen werden, dass die Leistung erbracht wurde; der Gläubiger z.B. die Ware an den Schuldner verschickt hat. Nach Ablauf der Mahnfrist kann dann ein Inkassoverfahren eingeleitet werden.

Inkassoverfahren ohne Mahnung nur für Geschäftskunden

Privatpersonen müssen grundsätzlich eine schriftliche Mahnung erhalten, um sie in Verzug zu setzen. Die Mahnfrist beträgt immer 30 Tage, danach ist der Schuldner in Verzug. Geschäftskunden kommen nach 30 Tagen nach Ablauf der Rechnungsfrist in Zahlungsverzug, auch wenn keine Mahnung versendet wurde.

Ablauf

Ein Inkassounternehmen wird meist dann von einem Unternehmen beauftragt, wenn die Frist der ersten Mahnung abgelaufen ist und die Forderung nicht beglichen wurde. Der Inkassodienstleister kümmert sich dann um sämtliche Korrespondenz mit dem Schuldner. Auch die Forderungssumme sowie die Inkassokosten werden vom Schuldner dem Inkassounternehmen überwiesen, welches sie dann an den Gläubiger weiterleitet.

Bezahlt der Schuldner selbst nach Aufforderung durch das Inkassounternehmen nicht, wird in Absprache mit dem Gläubiger ein rechtlicher Prozess gegen den Schuldner eingeleitet. Der Inkassodienstleister reicht dann beim Gericht einen Antrag auf Erlass eines Mahn- und Vollstreckungsbescheids ein.

Widerspricht der Schuldner nicht, wird der Vollstreckungsbescheid vom Gericht zugestellt. Bezahlt der Schuldner dann nicht die Rechnung, wird die Vollstreckung durch einen Gerichtsvollzieher durchgeführt. Falls der Schuldner Widerspruch einlegt, kommt es zu einem Gerichtsverfahren.

Inkassoverfahren: Bedeutung für Unternehmen

Das Inkassoverfahren ist für ein Unternehmen immer mit Aufwand und Kosten verbunden, lässt sich jedoch nicht immer vermeiden. Insbesondere im Online-Handel kommt es öfters vor, dass Kund:innen ihre Rechnungen nicht begleichen. Bleibt die Zahlung trotz dem Versenden einer Zahlungserinnerung und einer Mahnung aus, bleibt einem Unternehmen deshalb nur die Möglichkeit, den rechtlichen Weg zu gehen.

Es muss dann ein Inkassobüro mit dem Fall beauftragt werden, wodurch dem Unternehmen zunächst Kosten entstehen. In der Regel trägt zwar der Schuldner die Kosten, aber der Gläubiger muss diese auslegen. Dadurch fehlt dem Unternehmen nicht nur Geld aufgrund der unbeglichenen Rechnung, sondern auch durch das Inkassoverfahren selbst.

Je nach offener Rechnungssumme kann dies eine gravierende finanzielle Belastung für ein Unternehmen sein, denn durch fehlende Einnahmen und höhere Kosten steht weniger Liquidität zur Verfügung, um den eigenen Verbindlichkeiten nachzukommen. Deswegen ist es im Interesse eines Unternehmens, so schnell wie möglich an sein Geld zu kommen.

Inkassoverfahren einleiten: So geht’s

Sobald das Fälligkeitsdatum einer Rechnung verstrichen ist und die Summe nicht bezahlt wurde, kann ein Unternehmen erst einmal eine Zahlungserinnerung versenden. Rechtlich ist es dazu nicht verpflichtet. Es kann auch schon die erste Mahnung versenden, was in der Praxis aus Kulanzgründen jedoch nur selten gemacht wird (oft nur bei Kund:innen, die in der Vergangenheit schon durch eine schlechte Zahlungsmoral aufgefallen sind).

Um Kund:innen, die zum ersten Mal säumig sind, nicht gleich mit einer Mahnung vor den Kopf zu stoßen, empfiehlt sich deswegen das Versenden einer Zahlungserinnerung mit dem Setzen einer neuen Frist zum Begleichen der Rechnung. Bleibt nach Ablauf dieser Frist die Bezahlung weiterhin aus, kann eine Mahnung versendet werden. Bezahlen die Kund:innen dann immer noch nicht, kann auch ein zweites Mahnschreiben gesendet oder ein Inkassounternehmen beauftragt werden.

Inkassobüro beauftragen

Ein Unternehmen beauftragt meistens dann ein Inkassobüro, wenn eine Zahlung nach dem Versenden der ersten oder zweiten Mahnung weiterhin ausbleibt. Es ist auch schon möglich, ein Inkassounternehmen zu beauftragen, sobald die Rechnungsfrist verstrichen ist und die Forderung nicht beglichen wurde. Diesen Weg wählen Unternehmen, die nur begrenzte eigene Kapazitäten in ihrer Buchhaltung haben oder sich mit Mahnschreiben nicht auskennen.

Beauftragt man einen Inkassodienstleister schon, wenn man noch keine Mahnung versendet hat, können diese Kosten nicht auf den Schuldner abgewälzt werden. Der Schuldner trägt nur die Inkassokosten, die nach Verstreichen der Frist in der ersten Mahnung entstehen.

Bleibt die Zahlung nach Ablauf der ersten Mahnfrist aus, sollte in jedem Fall ein Inkassounternehmen beauftragt werden, um die Chancen zu steigern, schnell an das Geld zu kommen. Das empfiehlt sich vor allem dann, wenn der Schuldner keine gute Bonität hat.

Kosten beim Inkassoverfahren

Wer ein Inkassounternehmen beauftragt, hat erst einmal höhere Kosten zu stemmen, weil nur im Erfolgsfall des Inkassos der Schuldner auch die Inkassokosten trägt. Ist der Schuldner insolvent, bleibt der Gläubiger auf der offenen Rechnungssumme sowie auf den Inkassokosten sitzen.

Wie hoch die Kosten für das Verfahren sind, hängt zum einen vom Streitwert ab (Höhe der Forderung) und zum anderen von der Länge des Verfahrens. Bezahlt der Schuldner nach dem ersten Brief vom Inkassounternehmen seine Rechnung, sind die Kosten geringer als wenn das Verfahren vor Gericht landet.

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Folgen des Inkassoverfahrens für ein Unternehmen

Es kann ein Ärgernis sein, lange Zeit auf sein Geld warten zu müssen. Vermeiden lässt sich ein solcher Fall jedoch nicht immer. Je schneller eine Einigung mit dem Schuldner erzielt wird, desto besser. Die Erfolgsaussichten sind höher, wenn gleich nach Ablauf der ersten Mahnfrist ein Inkassounternehmen mit dem Fall beauftragt wird, dann läuft man nicht Gefahr, dass die Forderung verjährt.

Nicht immer ist ein Inkassoverfahren erfolgreich, zum Beispiel dann, wenn der Schuldner insolvent oder unauffindbar ist. Ist die Rechnungssumme hoch, ist dies besonders bitter für ein Unternehmen, da es auf dem gesamten Schaden sitzenbleibt. Man spricht in einem solchen Fall dann von einer uneinbringlichen Forderung.

Hat das Verfahren jedoch Erfolg, erhält das Unternehmen die Bezahlung für die Rechnung, sowie die Inkassokosten zurück. Mit einem guten Forderungsmanagement (zu dem im Ernstfall auch das Inkassoverfahren gehört), können Unternehmen sich zwar nicht vollständig vor Zahlungsausfällen schützen, doch sie senken die Zeitdauer wie lange sie auf ihr Geld warten müssen.

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