Was ist eigentlich ein Inkassobüro und wie funktioniert es?

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Ein Inkassobüro ist ein Dienstleistungsunternehmen, an das sich grundsätzlich jeder:jede wenden kann, nachdem ein Mahnverfahren zur Zahlungsaufforderung bei einem Kunden erfolglos war.

Der Gang zum Inkassobüro ist spätestens dann eine Überlegung wert, wenn ein Unternehmen immer wieder auf unbezahlten Rechnungen sitzen bleibt, oder hohe Rechnungsbeträge von einem Kunden einfach nicht bezahlt werden wollen. Was ein Inkassobüro genau macht, wie es funktioniert, und wie man davon Gebrauch machen kann, erfahren Sie in diesem Artikel.

Inhalt:

Inkassobüro: Definition

Ein Inkassobüro ist ein Dienstleistungsunternehmen, an das sich grundsätzlich jeder:jede wenden kann, nachdem ein Mahnverfahren zur Zahlungsaufforderung bei einem Kunden erfolglos war. Inkasso bezeichnet generell das Einziehen von fälligen Forderungen, und ist branchen- bzw. unternehmensunabhängig.

Ein Inkassobüro übernimmt auf Wunsch des Debitors (Gläubigers) auch die Überwachung von Zahlungseingängen an, wenn ein Schuldner eine besonders schwache Bonität aufweist, oder sogar schon zahlungsunfähig ist. Dieses Debitorenmanagement stellt einen großen zeitlichen Aufwand dar, sodass sich Unternehmen in solch schwierigen Fällen an ein Inkassounternehmen wenden müssen.

Rechtliche Aspekte beim Inkasso

Zuerst wird zwischen Inkassobüro und Gläubiger ein Inkassovertrag abgeschlossen, bei dem der Gläubiger dem Inkassounternehmen eine Inkassovollmacht gibt, um die offene Forderung im Namen des Gläubigers einzutreiben. Das Risiko für einen Zahlungsausfall trägt in diesem Fall der Gläubiger.

Wird im Vertrag eine Sicherungsabtretung vereinbart, trägt das Risiko für den Zahlungsausfall das Inkassounternehmen. Hierbei wird die Inhaberschaft der Forderung auf das Inkassobüro übertragen.

In beiden Fällen verkauft der Gläubiger dem Inkassounternehmen seine Forderung. Der Schuldner muss beim Inkassoverfahren daher die Rechnung nicht mehr beim Gläubiger begleichen, sondern direkt beim Inkassobüro.

Dieses wird dem Schuldner zuerst eine außergerichtliche Mahnung zukommen lassen und zur Zahlung auffordern. Schlägt dies fehl, sind gerichtliche Maßnahmen möglich. Eine Klage wird dann von einem Rechtsanwalt (der meist selbst beim Inkassounternehmen arbeitet) eingereicht.

Inkassobüro beauftragen – wann darf man das?

Ist die Zahlungsfrist bei einer Forderung abgelaufen, ohne, dass der Kunde bezahlt hat, wird vom fordernden Unternehmen zuerst eine Zahlungserinnerung geschickt. Reagiert der Kunde auch dann nicht, verschickt das Unternehmen eine Mahnung. Bleibt auch nach der dritten Mahnung eine Zahlung aus, kann ohne Weiteres ein Inkassobüro beauftragt werden.

Eine Mahnung ist jedoch nicht immer eine zwingende Voraussetzung, wenn ein Unternehmen ein Inkassobüro beauftragen möchte. Das ist dann der Fall, wenn schon mehr als 30 Tage seit der Rechnungsstellung vergangen sind.

Es ist auch möglich, ein Inkassobüro zu beauftragen, wenn mit dem Schuldner eine Ratenzahlung vereinbart wurde. Das Büro überwacht dann, ob die Teilzahlungen fristgerecht und betragsgenau beglichen werden.

Wie läuft das Inkassoverfahren ab?

Das Inkassobüro schickt dem Schuldner einen Inkassobrief, aus dem hervorgeht, dass dieses nun vom fordernden Unternehmen mit dem Einzug der Forderung beauftragt wurde. Dem Inkassobrief liegt zudem ein Mahnungsschreiben bei mit einer Zahlungsaufforderung, den offenen Rechnungsbetrag plus Mahnungs- und Inkassogebühren zu bezahlen.

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Bleibt die Zahlung aus, kommt das gerichtliche Inkasso zum Zuge. Man spricht hierbei auch von einem Vollstreckungsverfahren. Das Inkassounternehmen schickt dem Schuldner einen Vollstreckungsbescheid mit einer weiteren Aufforderung zur Zahlung. Häufig bezahlen zahlungsunwillige Schuldner dann die offene Summe, um der Zwangsvollstreckung zu entgehen. Tun sie das nicht, beauftragt das Inkassobüro einen Gerichtsvollzieher, um die Zwangsvollstreckung durchzuführen.

Sonderfall: Zahlungsunfähige Schuldner

Ist ein Schuldner zahlungsunfähig, kann die Vollstreckung nicht vollzogen werden. Mit dem Inkassobüro kann dann eine sogenannte Titelüberwachung vereinbart werden. Dabei überwacht das Büro die Vermögenslage des Schuldners über 30 Jahre hinweg, damit möglicherweise zu einem späteren Zeitpunkt die offene Forderung eingetrieben werden kann.

Inkassobüro-Kosten

Der Gläubiger bezahlt bei Beauftragung eine Inkassogebühr, um den Vertrag abzuschließen. Das Inkassobüro begleicht dann die offene Forderung beim Gläubiger, sodass dieser für den restlichen Verlauf des Verfahrens außen vor ist.

Rein rechtlich dürfen Inkassounternehmen dieselben Kosten wie ein Rechtsanwalt dem Schuldner in Rechnung stellen. Diese sind:

  • Hauptforderung: die offene Rechnungssumme, die ursprünglich bezahlt werden sollte
  • Verzugszinsen: diese Zinsen werden dem Gläubiger zusätzlich bezahlt als Entschädigung für die verspätete Begleichung der Rechnung (nicht mehr als 5% über dem Basis-Zinssatz)
  • Mahnkosten: ab der zweiten Mahnung wird pro Mahnung eine Gebühr fällig (häufig 2,50 Euro)
  • Auslagenpauschale: für zusätzlichen Aufwand, den das Inkassobüro hat (Kosten für Nachforschungen, Porto, etc.)
  • Kosten für zurückgehende Lastschriften
  • Sämtliche Kosten für das Inkassoverfahren müssen vom Schuldner getragen werden.

Unzulässige Inkassogebühren

Unter Inkassounternehmen gibt es auch schwarze Schafe, die unzulässige Inkassogebühren in Rechnung stellen. Diese müssen vom Schuldner nicht bezahlt werden.

Unzulässige Gebühren sind beispielsweise:

  • Kosten für Mahnungen, wenn keine versendet worden sind
  • Zusätzliche Umsatzsteuer: wenn diese schon auf der Ursprungsrechnung des Gläubigers ausgewiesen ist, darf das Inkassobüro keine zusätzliche Umsatzsteuer in Rechnung stellen

Schuldner können sich weigern unzulässige Gebühren zu bezahlen und gleichen am besten unter Zuhilfenahme eines Forderungskatalogs ab, was zulässige Gebühren sind und was sie tatsächlich bezahlen müssen.

Inkassobüro: Bedeutung für das beauftragende Unternehmen

Aufgrund von Negativschlagzeilen, die immer wieder von unseriösen Inkassounternehmen geschrieben werden, hat die Inkassobranche einen eher mäßigen Ruf. Daher schrecken Unternehmen vor einer Zusammenarbeit oft zurück, und bleiben dann auf ihren offenen Forderungen sitzen.

Da Inkassounternehmen jedoch in Deutschland dem Erlaubniszwang unterliegen und sich an strenge Regeln halten müssen, sind diese Vorbehalte bei seriösen Inkassobüros unberechtigt.

Arbeitet ein Unternehmen mit einem seriösen Inkassodienstleister zusammen, muss es also nicht um seinen Ruf bangen. Es ist empfehlenswert, wenn das Unternehmen vor dem Gang zum Inkassoanwalt jedoch selbst zumindest eine Mahnung verschickt. Das Einschalten eines Inkassobüros sollte immer eines der letzten Mittel sein.

Vor der Beauftragung sollte das Inkassobüro sorgfältig ausgewählt werden, damit man nicht an eines der schwarzen Schafe in der Branche gerät. Seriöse Inkassobüros sind oft Mitglied in einem Interessenverband, beispielsweise dem Bundesverband Deutscher Inkasso-Unternehmen e.V. Damit trennt sich meist schon die Spreu vom Weizen.

Factoring oder Inkassobüro?

Factoring wird hauptsächlich von spezialisierten Dienstleistern angeboten, jedoch auch manchmal von Inkassobüros. Sowohl ein Inkassoverfahren, als auch Factoring haben das Ziel, die Liquidität des fordernden Unternehmens aufrechtzuerhalten.

Das Factoring soll dabei jedoch lediglich einen Zahlungsausfall oder eine verspätete Zahlung verhindern, während das Inkasso offene Forderungen eintreibt, nachdem meist schon mehrere Mahnungen seitens des Unternehmens ins Leere gelaufen sind.

Der Unterschied liegt also im Zeitpunkt, zu dem die Forderung abgetreten wird: beim Factoring vor Ablauf der Rechnungsfrist, beim Inkasso danach. Vorteil des Factorings ist, dass das fordernde Unternehmen schon vor Ablauf der Rechnungsfrist die Bezahlung vom Factoring-Unternehmen erhält und nicht so lange warten muss wie bei Beauftragung eines Inkassobüros.

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