Wonach sollten Sie zwischen Eigenfertigung oder Fremdbezug entscheiden?

Make or Buy, Eigenfertigung oder Fremdbezug? Vor dieser Entscheidung stehen produzierende Unternehmen häufig und müssen nicht nur Kosten abwägen, sondern auch Risiken. Wir zeigen Ihnen in diesem Artikel, welche Punkte man alle in diese Betrachtung einbeziehen sollte, um zur richtigen Entscheidung zu gelangen.
Eigenfertigung oder Fremdbezug: Definition von Make or Buy
Eigenfertigung oder Fremdbezug wird im Englischen als „Make or Buy“ bezeichnet. Dabei geht es um die Kernfrage, ob ein produzierendes Unternehmen etwas selbst herstellt oder bei einem anderen Unternehmen oder Lieferanten einkauft. Das können Vorprodukte sein, die zur Herstellung des eigenen Produkts notwendig sind oder auch Software.

Faktoren & Kriterien für Eigenfertigung oder Fremdbezug
Die Entscheidung ob etwas selbst hergestellt oder eingekauft wird, hat weitreichende Folgen, deswegen will sie gut überlegt sein. Folgende Kriterien müssen dabei betrachtet werden:
- Welche Kosten entstehen jeweils bei den beiden Optionen?
- Wie wirkt sich die Entscheidung auf unsere Liquidität aus?
- Welche Ressourcen benötigen wir zur Eigenfertigung?
- Wie viel muss produziert bzw. bezogen werden?
- Wie viel Zeit haben/benötigen wir zur Eigenfertigung?
- Wie hoch sind die Risiken bei der Eigenfertigung?
In punkto Kosten muss bewertet werden, wie hoch sämtliche Kosten bei der Eigenfertigung sein werden und dann mit jenen verglichen werden, die beim Fremdbezug entstehen würden.
Zudem muss geprüft werden, ob überhaupt die nötigen Ressourcen zur Verfügung stehen, nicht nur in Form von Produktionsanlagen, sondern auch in Form von Knowhow und Personal. Ist dies nicht der Fall, wird hier ein großer Kostentreiber zu erwarten sein, wenn man sich für die Eigenfertigung entscheidet.
Auch die Produktionsmenge spielt eine wichtige Rolle in der Bewertung. Wenn nur wenig benötigt wird, lohnt sich die Eigenfertigung meist nicht. Stellt die Eigenfertigung ein hohes Risiko dar, weil beispielsweise mit Produktionsausfällen zu rechnen ist oder der Faktor Zeit eine tragende Rolle spielt, kann der Fremdbezug die günstigere Lösung sein.

Eigenfertigung oder Fremdbezug: Rechnung & Formel
Make or Buy Formel
Mit Hilfe der Make or Buy Formel berechnet man, wie hoch die Kosten für die Eigenfertigung sowie für den Fremdbezug sind:
Kosten für Eigenfertigung = FK + vK * x
FK sind dabei die Fixkosten, vK die variablen Kosten und x die benötigte Produktionsmenge.
Kosten für Fremdbezug = P * x
Hier steht P für den Preis des Produkts, den man beim Lieferanten oder Hersteller zu bezahlen hat und x für die Bezugsmenge.
Durch Vergleich der beiden Kostenarten lässt sich bewerten, welche Möglichkeit kostenmäßig die günstigere ist.
Kritische Menge berechnen für Eigenfertigung oder Fremdbezug
Aus den Formeln im obigen Abschnitt ist ersichtlich, dass die Bedarfsmenge eine große Rolle bei der Entscheidung spielt, ob selbst hergestellt oder gekauft werden soll. Deswegen ist es auch wichtig, bei dieser Entscheidung die kritische Menge zu berechnen, ab der die Eigenfertigung günstiger ist als der Fremdbezug.
Dafür setzen wir beide oben genannten Formeln gleich und bezeichnen die kritische Menge als x0:
FK + vK * x0 = P * x0
Stellen wir diese Formel nun nach x0 um, erhalten wir:
x0 = FK / (P – vK)
Der Term (P – vK) entspricht auch dem Deckungsbeitrag für das zu beziehende Produkt.
Beispiel
Ein Fahrradhersteller überlegt, die Rahmen für seine Räder in Zukunft selbst zu fertigen. Der Bezugspreis für einen Rahmen beträgt derzeit 100€. Er kalkuliert mit folgenden Kosten für die Eigenfertigung:
- Fixkosten: 800€
- Variable Kosten: 50€
Er berechnet nun die kritische Menge:
x0 = 800 / (100 – 50) = 16
Ab der Produktion von 16 Rahmen lohnt sich also die Eigenfertigung. Der Hersteller muss nun prüfen, ob er so viele Fahrräder in einem bestimmten Zeitraum auch absetzen kann und sich die Eigenproduktion nicht nur auf dem Papier lohnt.
Eigenfertigung oder Fremdbezug: Vorteile & Nachteile
Vorteile der Eigenfertigung
Sofern mindestens die kritische Produktionsmenge auch abgesetzt werden kann, spart die Eigenfertigung auf Dauer Kosten. Die Qualität der produzierten Ware wird zudem vom Unternehmen selbst kontrolliert, was sich positiv auf die Qualität des hergestellten Produkts auswirken und ein zusätzlicher Pull-Faktor für mehr Käufer:innen sein kann. Selbst gefertigte Produkte können falls erforderlich auch leichter angepasst werden.
Nachteile der Eigenfertigung
Für die Eigenfertigung sind meistens sehr hohe Investitionskosten nötig, da Maschinen angeschafft werden müssen und Personal eingestellt werden muss. Dabei handelt es sich nicht nur um einen kostenintensiven, sondern auch um einen zeitintensiven Prozess, der nur sinnvoll ist, wenn die Eigenfertigung langfristig verfolgt werden soll.
Vorteile beim Fremdbezug
Bezieht ein Unternehmen Komponenten von einem anderen Hersteller, kann es sich auf sein Kerngeschäft konzentrieren und seine Expertise darin ausbauen. Es können Kosten für die Wartung, Energie und Anschaffung von neuen Anlagen gespart und mit einer guten Lagerstrategie sogar auch Lagerkosten eingespart werden.
Nachteile beim Fremdbezug
Beim Fremdbezug ist ein Unternehmen vom Lieferanten oder Hersteller abhängig, was die gefertigten Komponenten betrifft. Produkte können nicht einfach angepasst werden, was ein Nachteil sein kann, wenn aufgrund von ungünstigen Designs der Produktionsprozess nicht effizient ist. Qualitätsschwankungen in den bezogenen Produkten können weiterhin zu einem Imageverlust beim beziehenden Unternehmen führen.
Fazit: Eigenfertigung oder Fremdbezug? Eine Entscheidung will wohl überlegt sein
Ob Produkte, Waren oder Komponenten selbst hergestellt oder von außerhalb bezogen werden, ist keine leichte Entscheidung. Es fließen viele Faktoren ein, wobei die Kosten nur einer davon sind. Ebenso wichtig ist die Überlegung, ob die Eigenfertigung auch langfristig zum Geschäftserfolg beitragen wird und wie hoch die Risiken sind.
Während sich die Kosten für Eigenfertigung oder Fremdbezug noch relativ einfach anhand der Make or Buy Formel miteinander vergleichen lassen, wird es bei der Beurteilung der Risiken schon etwas schwieriger. Hier müssen sorgfältig alle Pros und Kontras gegeneinander abgewogen werden, um zur richtigen Entscheidung zu gelangen. Die Kosten sollten deshalb nicht als alleiniges Auswahlkriterium dienen.