Die Auswirkungen von Abschreibungen auf die Unternehmensliquidität

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Im Handels- und Steuerrecht können Unternehmen diese Entwicklung durch Abschreibungen in ihrem betrieblichen Rechnungswesen abbilden.

Wenn Vermögensgegenstände erworben oder hergestellt werden, entstehen für ein Unternehmen Anschaffungs- oder Herstellungskosten. Doch mit der Zeit verringert sich der Wert der Gegenstände. Im Handels- und Steuerrecht können Unternehmen diese Entwicklung durch Abschreibungen in ihrem betrieblichen Rechnungswesen abbilden. Abschreibungen sind ein wichtiges Mittel in der Bilanzpolitik und Steuerplanung. Sie können vielfältige Auswirkungen auf die Unternehmensliquidität entfalten. Dieser Beitrag gibt einen Überblick.

Abschreibung einfach erklärt

Wertminderungen von Vermögensgegenständen sind alltäglich. Wer beispielsweise ein Smartphone kauft weiß, dass sich nach einer dreijährigen Nutzungszeit das Smartphone nicht zum Einkaufspreis veräußern lässt. Es handelt sich um einen Gebrauchsgegenstand, der sich mit der Zeit abnutzt und an Wert verliert. Zudem schreitet in vielen Bereichen die Technik voran und die Anforderungen verändern sich. Im privaten Bereich ist es deshalb völlig normal, dass bestimmte Gegenstände, die beispielsweise bei eBay weiterveräußert werden, nur noch einen Bruchteil des ursprünglichen Preises erzielen können.

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Im betrieblichen Bereich ist das nicht anders. Allerdings gibt es hier klare Regelungen, wie die „Abnutzung“ zu bewerten ist. Und diese Regelungen finden sich im Handels- und Steuerrecht.

Abschreibung: Definition

Als Abschreibung wird die Wertminderung von Vermögensgegenständen bezeichnet. Im Handelsgesetzbuch findet man eine gesetzliche Regelung in § 253. Hier wird die Abschreibung von Vermögensgegenständen des Anlagevermögens, deren Nutzung zeitlich begrenzt ist, geregelt. Am Rande sei kurz erwähnt: Auch Vermögensgegenstände des Umlaufvermögens sind abzuschreiben.

Vermögensgegenstände, deren Nutzung zeitlich begrenzt ist, müssen also zwingend planmäßig abgeschrieben werden. Für Vermögensgegenstände, deren Nutzung nicht zeitlich begrenzt ist (zum Beispiel Grundstücke), dürfen keine planmäßigen Abschreibungen erfolgen.

Abschreibung und AfA

Im Steuerrecht findet man in § 6 Einkommensteuergesetz (EStG) ebenfalls Abschreibungsregelungen: „Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens, die der Abnutzung unterliegen, sind mit den Anschaffungs- oder Herstellungskosten oder dem an deren Stelle tretenden Wert, vermindert um die Absetzungen für Abnutzung, erhöhte Absetzungen, Sonderabschreibungen, Abzüge nach § 6b und ähnliche Abzüge, anzusetzen.“ Hier wird also die Bezeichnung „Absetzung für Abnutzung“ verwendet, die in der Praxis häufig mit „AfA“ abgekürzt wird.

Wichtig: Steuerrechtlich kommt die AfA nur für Vermögensgegenstände des Anlagevermögens in Betracht. Für Umlaufvermögen gelten bei Wertminderungen Besonderheiten. Unternehmen müssen also bei Abschreibungen beachten, dass es handelsrechtlich und steuerrechtlich kleine, feine Unterschiede gibt.

Bilanzielle Folgen von Abschreibungen und Buchungssatz Wenn ein Unternehmen ein Wirtschaftsgut erwirbt, leistet es in der Regel sofort eine Zahlung für den Kauf. Doch in der Bilanz wirkt sich das nicht sofort in voller Höhe als Gewinnminderung aus. Die Anschaffungs- und Herstellungskosten werden aktiviert. Erst die Abschreibungen wirken sich dann auf den Gewinn aus.

Die Abschreibungen der Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten werden gewinnmindernd gebucht. Die Buchung lautet beispielsweise:

Abschreibung auf Sachanlagen 2000 Euro an Maschinen 2000 Euro

Die Abschreibung wird als Aufwand erfasst. In der Gewinn- und Verlustrechnung reduziert die Abschreibung daher den Gewinn. Der Aufwand wird periodengerecht verteilt.

Abschreibung berechnen

Wie eine Abschreibung zu berechnen ist, hängt von der Art der Abschreibung und der Nutzungsdauer ab. In § 7 Einkommensteuergesetz wird bei planmäßigen Abschreibungen auf Vermögensgegenstände abgestellt, deren Verwendung sich regelmäßig auf einen Zeitraum von mehr als einem Jahr erstreckt.

Wird also ein Gegenstand erworben, dessen Nutzungsdauer regelmäßig bei weniger als 12 Monaten liegt, dann sind die Anschaffungs- und Herstellungskosten steuerrechtlich regelmäßig sofort als Betriebsausgaben abzuschreiben.

Nachfolgend werden verschiedene Abschreibungsarten und -methoden kurz vorgestellt.

Abschreibungsarten

Es gibt verschiedene Arten, wie eine Abschreibung erfolgt. So beispielsweise die

  • Planmäßige Abschreibung, wie die lineare Abschreibung und degressive Abschreibung
  • Absetzungen für außergewöhnliche technische oder wirtschaftliche Abnutzung
  • Absetzung für Substanzverringerung (AfS) nach § 7 Abs. 6 Einkommensteuergesetz
  • Sofortabschreibung
  • Sonderabschreibungen

Die Abschreibungsmethoden unterscheiden sich. An dieser Stelle sei bereits darauf hingewiesen: In der Praxis sind vor allem die lineare und degressive Abschreibung von großer Relevanz.

Lineare Abschreibung ist besonders gängig

In der Buchhaltung eines Unternehmens trifft man unweigerlich auf die lineare Abschreibung. Sie ist die gängigste Methode und in vielen Fällen auch verpflichtend (z. B. Immobilien). Bei der linearen Abschreibung werden die Anschaffungs- oder Herstellungskosten gleichmäßig auf die Nutzungsdauer verteilt.

Lineare Abschreibung: Formel

Die Formel für die Lineare Abschreibung lautet:

Anschaffungskosten bzw. Herstellungskosten / Nutzungsdauer = Abschreibungsbetrag

Aber Achtung: Das Einkommensteuergesetz gibt klar vor, dass beim Abschreibungszeitraum entscheidend ist, wann das Wirtschaftsgut angeschafft/hergestellt wurde. So heißt es in § 7 Abs. 1 Satz 4: „Im Jahr der Anschaffung oder Herstellung des Wirtschaftsguts vermindert sich für dieses Jahr der Absetzungsbetrag nach Satz 1 um jeweils ein Zwölftel für jeden vollen Monat, der dem Monat der Anschaffung oder Herstellung vorangeht.“

Abschreibungstabellen der Finanzverwaltung nutzen

Doch wie kann die Nutzungsdauer eines Wirtschaftsguts überhaupt ermittelt werden? Die Finanzverwaltung stellt hierzu Abschreibungstabellen, oft auch AfA-Tabellen genannt, zur Verfügung.

Hinweis: Für Immobilien gelten Besonderheiten. Hier finden sich in § 7 Abs. 4-5a EStG spezielle Regelungen für die Abschreibung.

Degressive Abschreibung

Bei der degressiven Abschreibung werden nicht – wie bei der linearen Abschreibung – in jedem Jahr die gleichen Beträge angesetzt. Die Abschreibung erfolgt degressiv, dass heißt in fallenden Beträgen. Zu Beginn wird ein vergleichsweiser hoher Abschreibungsbetrag angesetzt, der sich von Jahr zu Jahr verringert.

Für die Buchhaltung heißt das, dass der Abschreibungsbetrag jährlich neu ermittelt werden muss. Die lineare Abschreibung wirkt hiergegen auf den ersten Blick wesentlich einfacher. Doch die degressive Abschreibung erscheint realistischer, was die Wertminderung der Vermögensgegenstände anbelangt.

Im Steuerrecht kommt die degressive Abschreibung für bewegliche Wirtschaftsgüter infrage. Außerdem gibt es eine zeitliche Begrenzung: Nur bewegliche Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens, die nach dem 31. Dezember 2019 und vor dem 1. Januar 2022 angeschafft oder hergestellt worden sind, können degressiv abgeschrieben werden.

Diese Regelung wurde vom Gesetzgeber vorübergehend im Rahmen verschiedener steuerlicher Maßnahmen zur Abmilderung wirtschaftlicher Folgen der Corona-Pandemie eingeführt. Die AfA kann dann nach einem unveränderlichen Prozentsatz vom jeweiligen Buchwert (Restwert) vorgenommen werden.

Allerdungs darf steuerrechtlich nach § 7 Abs. 2 EStG der dabei anzuwendende Prozentsatz höchstens das Zweieinhalbfache des bei der Absetzung für Abnutzung in gleichen Jahresbeträgen in Betracht kommenden Prozentsatzes betragen und 25 Prozent nicht übersteigen.

Wichtig: Steuerrechtlich ist die degressive Abschreibung nur vorübergehend eingeführt worden. Und Immobilien dürfen ausschließlich linear abgeschrieben werden. Die degressive Abschreibung ist hier nicht möglich.

Steuerliche Sonderreglung für digitale Wirtschaftsgüter

Durch die Corona-Krise wurden zahlreiche Mitarbeiter im Homeoffice tätig. Viele Unternehmen haben deshalb Notebooks anschaffen müssen. Auch jetzt sind die Investitionen von digitalen Wirtschaftsgütern für viele Unternehmen hoch.

Hier gab es jedoch eine interessante Regelung seitens der Finanzverwaltung: Mit einem Schreiben vom 26. Februar 2021 hat das Bundesfinanzministerium bestimmt, dass bei der Nutzungsdauer von Computerhardware und Software eine betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer von einem Jahr zugrunde gelegt werden kann. Damit ist faktisch eine Sofortabschreibung möglich – jedoch nicht zwingend. Unternehmen haben ein Wahlrecht.

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Abschreibung im betrieblichen Rechnungswesen: Beispiele

In den meisten Unternehmen finden sich Gegenstände, wie beispielsweise Computer, Schreibtische, Regale oder auch Maschinen. Hier einige Beispiele, wie die Abschreibung erfolgen kann:

Beispiel 1: Ein Unternehmen kauft im Januar 2022 einen neuen Firmen-Pkw für 24.000 Euro (zzgl. Umsatzsteuer).

Ein Blick in die Abschreibungstabelle der Finanzverwaltung zeigt, dass von einer betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauer von sechs Jahren ausgegangen wird. Die Abschreibung für 2022 berechnet sich wie folgt:

24.000 Euro / 6 Jahre = 4.000 Euro.

In 2022 kann das Unternehmen 4.000 Euro als Abschreibung für den Pkw geltend machen.

Abwandlung: Der Pkw wird im Juli 2022 gekauft. Hier ist zu beachten, dass die Abschreibung in 2022 nur anteilig geltend gemacht werden kann für sechs Monate:

24.000 Euro / 6 Jahre * 6/12 = 2.000 Euro.

Beispiel 2: Das Unternehmen kauft im Januar 2022 ein Notebook für 700 Euro. Das Unternehmen kann das Notebook sofort abschreiben und damit die Aufwendungen komplett in 2022 gewinnmindernd geltend machen. Es kann sich aber auch dazu entscheiden, dass Notebook auf drei Jahre abzuschreiben:

700 Euro / 3 Jahre = 233,33 Euro

Vorteile durch Abschreibungen nutzen

Eine Gewinnminderung heißt auch, dass die Steuerbelastung gesenkt wird. Abschreibungen sind daher ein beliebtes Mittel in der Steuerplanung. Wahlrechte bieten Gestaltungsmöglichkeiten.

Investitionen, die steueroptimal geplant werden, können also ein strategisches Mittel sein, die Steuerbelastung zu mindern. Für Unternehmen stellen sich dann Fragen, wie:

  • Wann ist der ideale Zeitpunkt, von Abschreibungen zu profitieren?
  • Wie hoch sind die Anschaffungs-/Herstellungskosten?
  • Sollte eine Sofortabschreibung angestrebt werden (Beispiel: Computer) oder wäre es attraktiver, jetzt Kapital zu investieren und in den nächsten Jahren von Abschreibungen zu profitieren?
  • Welche Reformen sind von der Politik zu erwarten? Sollte mit einer Investition noch gewartet werden, um ggf. von neuen Subventionen zu profitieren?

Abschreibungen in der Steuerpolitik

Wie bedeutsam Abschreibungen für Unternehmen sind, zeigt sich auch regelmäßig in der Steuerpolitik. Im Zusammenhang mit der Corona-Krise schuf der Gesetzgeber beispielsweise mit dem Zweiten Corona-Steuerhilfegesetz vorübergehend die Möglichkeit zur degressiven Abschreibung.

Der Koalitionsvertrag der Ampelkoalition zeigt, dass Abschreibungen auch bei der neuen Bundesregierung ein wichtiges Mittel werden, bestimmte Investitionen steuerlich zu fördern. Beispielsweise für Investitionen in die Digitalisierung oder den Klimaschutz sollen Unternehmen von einer sog. Superabschreibung profitieren können.

Steuerliche Abschreibungen

Zu beachten ist, dass es Abschreibungen gibt, die nur steuerlich – nicht jedoch im Handelsrecht – zulässig sind. Ein bekanntes Beispiel ist hier die Abschreibung nach § 7g Einkommensteuergesetz mit dem Investitionsabzugsbetrag. Die Abschreibung erfolgt in diesem Fall außerbilanziell.

Im Steuerrecht gibt es außerdem besondere Regelungen zur Sofortabschreibung von geringwertigen Wirtschaftsgütern oder dem Einstellen eines Sammelpostens.

Fazit: Abschreibungen helfen der Liquidität

Unternehmen können durch Abschreibungen ihre Steuerbelastung senken. Daher sollte bei Investitionsvorhaben geprüft werden, wie diese steueroptimal gestaltet werden können. Der Zeitpunkt einer Investition kann beispielsweise erhebliche steuerliche Auswirkungen haben. In diesem Beitrag wurde ein kurzer thematischer Einblick gewährt.

Es lohnt sich für Unternehmen jedoch, sich bei größeren Investitionsvorhaben durch Steuerberatung unterstützen zu lassen, um die finanziell beste Vorgehensweise zu wählen. Steuerberater:innen können zudem genau berechnen, welche Abschreibungsformen infrage kommen und ob ggf. eine Kombination möglich ist. Wer hier nicht die besten Möglichkeiten nutzt, gefährdet letztendlich die eigene Liquidität.

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