Diese Rolle spielt der Ertragswert bei Investitionen

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Im Allgemeinen stellt der Ertragswert den Wert einer Investition am Ende ihrer Laufzeit dar.

Der Ertragswert zeigt den Wert einer Investition zu einem zukünftigen Zeitpunkt an. Investoren können mit ihm abschätzen, wie lukrativ eine Investition ist und welches Risiko sie dabei eingehen müssen. Er spielt auch bei der Unternehmensbewertung eine wichtige Rolle. Erfahren Sie hier, wie man den Ertragswert berechnet und welche Vor- und Nachteile er hat.

Was ist der Ertragswert?

Im Allgemeinen stellt der Ertragswert den Wert einer Investition am Ende ihrer Laufzeit dar. Er dient Investoren also zur Bewertung, wie ertragreich eine Investition ausfallen könnte. Dabei werden verschiedene Annahmen gemacht, die nicht immer in der Zukunft eintreffen müssen. Der Ertragswert ist deshalb nur ein ungefährer Wert, da man nicht genau weiß, wie sich der Ertrag der Investition während ihrer Laufzeit genau entwickeln wird.

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Im Unternehmensbereich wird der Ertragswert des Unternehmens zum Beispiel berechnet, wenn es verkauft werden soll. Anhand des Ertragswertes können Käufer ein plausibles Kaufangebot abgeben.

Ertragswert, Sachwert & Barwert

Während der Ertragswert den Wert einer Investition in der Zukunft repräsentiert, ist der Sachwert oder Barwert einer Investition ihr Wert in der Gegenwart. Bei Immobilien wird diese Abgrenzung oft gemacht. Der Sachwert spiegelt den aktuellen Wert der Immobilie wider; der Ertragswert den zukünftigen Wert nach einer bestimmten Laufzeit, wenn man Gewinne in Form von Renditen durch die Vermietung erzielt hat.

Ertragswert für Unternehmen berechnen

Formel für Ertragswert

Zur Berechnung des Ertragswertes eines Unternehmens kann man folgende Formel benutzen:

Ertragswert = zukünftiger durchschnittlicher Jahresgewinn / Kapitalisierungszinsfuß x 100

Diese Formel stellt den vereinfachten Ertragswert dar, bei dem davon ausgegangen wird, dass die Verzinsung immer dieselbe ist. Der Kapitalisierungszinsfuß setzt sich zusammen aus einem Basissatz für eine sichere Anlage plus einem Risikozuschlag, der sich aus dem Unternehmensrisiko ableitet.

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Ertragswertverfahren zur Ermittlung des Unternehmenswertes

Um den Unternehmenswert zu ermitteln, müssen sehr viele Umstände berücksichtigt werden, damit man den durchschnittlichen Jahresgewinn und den Zinsfuß möglichst realistisch abschätzt.

Künftige Gewinne abschätzen

Zunächst schaut man sich für die nächsten zwei bis fünf Jahre an, wie hoch der jeweilige Jahresgewinn des Unternehmens ungefähr ausfallen wird. Als Orientierungshilfe können die Betriebsergebnisse der letzten drei Geschäftsjahre dienen, um einen Eindruck zu bekommen. Wichtig ist, dass man für die Berechnung die Reingewinne heranzieht. Das heißt, einmalige hohe Einnahmen, betriebsfremde Erträge und Aufwendungen müssen aus dem Gesamtgewinn herausgerechnet werden.

Zur Beurteilung, wie hoch die Gewinne in den kommenden Jahren sein werden, muss man einige Faktoren in Betracht ziehen:

  • Wie entwickelt sich die Konjunktur in den nächsten Jahren?
  • Wie entwickelt sich der Markt zukünftig? Wird die Branche boomen oder ist der Markt schon gesättigt?
  • Wie stark ist die Konkurrenz?
  • Wie gut ist das Unternehmen in Sachen Fachkräfte und Knowhow aufgestellt?

Hat man für den gewünschten zukünftigen Zeitraum die Jahresgewinne ermittelt, berechnet man ihren Durchschnittswert. Zusätzlich können auch noch die Jahresgewinne der vergangenen drei Geschäftsjahre in die Durchschnittsberechnung miteinfließen.

Kapitalisierungszinsfuß ansetzen

Der Kapitalisierungszinsfuß setzt sich aus einem Basiszinssatz und einem Risikoaufschlag zusammen. Der Basiszinssatz ermittelt sich aus den gängigen Marktzinsen (bzw. Leitzinsen), die es derzeit für feste Anlagen gibt. Stand Juni 2022 liegt dieser nicht über 0,5%, ist also sehr niedrig.

Beim Risikoaufschlag wird das Unternehmensrisiko berücksichtigt. Das heißt, wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit, dass das Unternehmen in die Insolvenz gerät und die Investition ein Totalausfall wird?

Dabei werden nicht nur Risikofaktoren innerhalb des Unternehmens betrachtet, sondern vor allem auch außerhalb davon. Zeichnet sich in der Branche ein Abwärtstrend ab, muss beispielsweise mit geringeren Gewinnen gerechnet werden als wenn die Branche boomt. Der Risikoaufschlag ist dann höher.

Hat man den Basissatz und den Risikoaufschlag in Prozent abgeschätzt, zählt man beide zusammen und erhält den Kapitalisierungszinsfuß. Damit hat man dann alle Größen, die man zur Berechnung des Ertragswerts benötigt.

Beispiel für Ertragswert

Um Ihnen das Ertragswertverfahren zu veranschaulichen, hier ein kleines Beispiel: Ein Unternehmen soll verkauft werden. Der durchschnittliche Jahresgewinn in den nächsten drei Jahren wird auf 200.000€ geschätzt. In der Praxis liegt der Kapitalisierungszinsfuß im Bereich von 7 bis 10 Prozent. Wir setzen 8 Prozent für unsere Berechnung an. Damit erhalten wir mit Hilfe der Formel:

Ertragswert = zukünftiger durchschnittlicher Jahresgewinn / Kapitalisierungszinsfuß x 100 = 200.000€ / 8 x 100 = 2.500.000€

Der Verkaufspreis liegt also bei 2.500.000€.

Man sieht, dass hier vor allem beim Zinsfuß große Spielräume vorhanden sind. Aus Sicht eines Käufers ist der Risikoaufschlag vermutlich höher, zum Beispiel 10 Prozent. Dann betrüge der Ertragswert:

Ertragswert = 200.000€ / 10 x 100 = 2.000.000€

Falls der neue Inhaber auch selbst im Unternehmen tätig sein wird und sich einen Unternehmerlohn auszahlen möchte, muss dieser bei der Betrachtung zusätzlich aus dem Jahresgewinn herausgerechnet werden, wodurch sich der durchschnittliche Jahresgewinn reduziert und sich auch der Ertragswert ändert.

Vor- und Nachteile bei Verwendung des Ertragswerts

Vorteile

Der Ertragswert lässt eine Abschätzung zu, wie hoch der Wert einer Investition zu einem zukünftigen Zeitpunkt sein wird. Investoren oder Kaufinteressenten eines Unternehmens können so besser beurteilen, ob sich der Kauf lohnt. Die Berechnung beruht zudem nicht nur auf den vergangenen Betriebsergebnissen und der bisherigen Geschäftsentwicklung, sondern es werden dabei auch zukünftige Umstände berücksichtigt.

Der Risikoaufschlag dient Investoren außerdem dazu, verschiedene Investitionen besser miteinander vergleichen zu können. Dadurch können sie je nach Anlagestrategie entscheiden, welche Option für sie die beste ist.

Nachteile

Größter Nachteil des Ertragswertverfahrens ist, dass es sich beim Ertragswert nur um einen ungefähren Wert handelt, da er auf Abschätzungen beruht. Entwickelt sich trotz guter Marktanalyse die Branche in eine andere Richtung, als man erwartet hat, kann der tatsächliche Unternehmenswert in der Zukunft sehr stark vom Ertragswert abweichen, den man einst berechnet hat.

Auch bei der Beurteilung des Risikoaufschlags gibt es große Spielräume. Verkäufer streben einen möglichst niedrigen Risikoaufschlag an, um zu einem hohen Preis verkaufen zu können; Käufer dagegen setzen das Risiko höher an, um den Preis zu drücken. Der Ertragswert ist deshalb häufig auch eine subjektive Größe, die Kompromisse erforderlich macht.


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