Das Potenzial von KI im Finanzwesen erschließen

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Zentrale Erkenntnisse aus dem Agicap-Webinar „How to Prompt AI for Finance“

Einleitung

In einer sich rasant wandelnden Finanzwelt ist die Integration von Künstlicher Intelligenz (KI) in Finanzabteilungen keine Zukunftsvision mehr, sondern längst Realität. Genau das war das zentrale Thema eines aktuellen Webinars von Agicap, in dem gezeigt wurde, wie KI – und insbesondere das sogenannte Prompt Engineering – den Arbeitsalltag von CFOs und Treasurern in mittelständischen Unternehmen grundlegend verändern kann.

Im Webinar kamen zwei Experten zu Wort: Anne-Claire Chanvin, Teilzeit-CFO und Gründerin von Finup 360, sowie Kelly Roussel, KI-Ingenieurin bei Agicap. Anne-Claire Chanvin verfügt über mehr als zehn Jahre Erfahrung im Finanzbereich, unter anderem bei PwC und L’Oréal, und unterstützt heute Unternehmen bei der finanziellen Steuerung und dem Einsatz von KI-Tools. Kelly Roussel ist Teil des Agicap Lab, das sich auf generative KI spezialisiert hat und deren Einsatz in Agicaps Lösungen mit dem Ziel vorantreibt, den Finanzteams konkreten Mehrwert zu bieten.

Dieser Artikel fasst die wichtigsten Erkenntnisse aus dem Webinar zusammen und bietet einen strukturierten Überblick über Best Practices im Prompt Engineering, Sicherheitsaspekte, konkrete Anwendungsfälle sowie neueste Innovationen im Bereich KI-gestützter Finanzlösungen.

1. Prompt Engineering im Finanzwesen meistern

1.1. Die Bedeutung strukturierter Prompts zur Überwindung gängiger Herausforderungen

Ein zentrales Thema des Webinars war die entscheidende Rolle gut strukturierter Prompts, um das Potenzial von KI im Finanzbereich voll auszuschöpfen. Anne-Claire Chanvin betonte: „Jeder kann einen Prompt schreiben, aber es gibt eine Methodik, die man befolgen muss, um gute Ergebnisse zu erzielen.“ Sie stellte die sogenannte SCRIPT-Methode vor – eine praktische Struktur, die aus folgenden Elementen besteht: Situation, Context, Role, Instruction, Precision, Tone (Situation, Kontext, Rolle, Anweisung, Präzision, Tonfall).

Der interaktive Chat des Webinars zeigte, dass viele Finanzexperten beim Einsatz von KI-Tools auf ähnliche Herausforderungen stoßen. Ein häufiges Thema waren Zweifel an der Zuverlässigkeit der Ergebnisse. Eine weitere zentrale Schwierigkeit bestand darin, komplexe, finanzspezifische Anforderungen so zu formulieren, dass KI-Modelle sie verstehen und sinnvoll verarbeiten können. Vielen fällt es schwer, ihre Fragestellung so zu formulieren, dass sie konkrete, verwertbare Ergebnisse erhalten.

Hier setzt die SCRIPT-Methode an. Indem man eine Anfrage in klar definierte Bestandteile unterteilt, lässt sich die Kluft zwischen finanzfachlichem Know-how und den Fähigkeiten der KI überbrücken. Wenn etwa ein Prompt zur Identifikation finanzieller Risiken bei starkem Wachstum gestellt wird, sollten Informationen zum Geschäftsmodell und zu relevanten KPIs geliefert werden, dazu eine klare Anweisung (z. B. „Nenne fünf Hauptrisiken“) und das gewünschte Format des Outputs. So wie man einen neuen Kollegen im Team einarbeiten würde, führt auch ein strukturierter Prompt zu relevanten, kontextbezogenen Ergebnissen.

Ein weiteres Hindernis war laut Webinar die Unsicherheit, welche Aufgaben sich überhaupt für den Einsatz von KI eignen. Die Experten rieten dazu, mit sogenannten „Quick Wins“ zu starten – also Aufgaben, die manuell, repetitiv, fehleranfällig und leicht automatisierbar sind. Beispiele sind die Zusammenfassung von Dokumenten, das Verfassen standardisierter E-Mails oder das Erstellen routinemäßiger Berichte. So können Finanzteams erste Erfahrungen sammeln und Vertrauen in den Einsatz von KI gewinnen, bevor sie nach und nach komplexere Analysen und strategische Aufgaben automatisieren.


1.2. Iteration und kontinuierliche Verbesserung

Ein zentrales Learning des Webinars war, dass Prompt Engineering ein iterativer Prozess ist. Wie Anne-Claire Chanvin betonte: „Ein guter Prompt allein reicht nicht aus – man muss nachjustieren und weiterentwickeln.“ Genauso wie man Anweisungen für einen neuen Kollegen nachbessern würden, sollten auch Prompts getestet, überprüft und bei Bedarf angepasst werden – abhängig von der Qualität und Relevanz der KI-Antworten. Fortgeschrittene Techniken wie das Aufteilen komplexer Fragestellungen in einzelne Teilfragen (Chain-of-Thought Prompting) oder das Anregen der KI zur Selbstreflexion und Bewertung ihrer Antwort können die Genauigkeit und Aussagekraft zusätzlich verbessern.

1.3. Praktische Beispiele

Die Session beinhaltete auch praxisnahe Demonstrationen, um die Präzision und Relevanz der von KI generierten Ergebnisse zu veranschaulichen.

Ein erstes Beispiel betraf die interne Kommunikation – eine alltägliche Herausforderung für jedes Finanzteam. Mithilfe eines klar strukturierten Prompts wurde die KI damit beauftragt, eine interne E-Mail zu verfassen, mit der das Finanzteam über die Umstellung auf Agicap als Treasury-Management-Tool informiert werden sollte. Durch die gezielte Angabe der Rolle („Head of Finance“), des Kontexts (ein Team von 15 Mitarbeitern, darunter zwei Treasurer), der Anweisung (eine informative und zugleich warme E-Mail verfassen) sowie der gewünschten Inhalte (Hervorhebung der Hauptvorteile und Ankündigung einer Demo-Session) entstand ein professioneller, kontextgerechter und klar formulierter Text. Dieses Beispiel zeigt, wie KI Routinekommunikation effizient unterstützt – bei gleichbleibend hoher Qualität und Konsistenz.

Ein weiteres Beispiel betraf die Zusammenfassung komplexer regulatorischer Texte. Die Referenten zeigten, wie KI genutzt werden kann, um einen 30-seitigen IFRS-Standard in fünf zentrale Ziele zusammenzufassen – in einer Sprache, die sich an einen leitenden Buchhalter richtet. Zusätzlich wurde die KI aufgefordert, eine Vergleichstabelle zu erstellen, in der die Änderungen zwischen dem alten und dem neuen Standard übersichtlich gegenübergestellt wurden. Dieses Beispiel verdeutlicht, wie KI große Informationsmengen strukturieren und in verwertbare Erkenntnisse umwandeln kann – ein echter Mehrwert für Finanzteams, die gesetzliche Änderungen effizient erfassen und unternehmensweit kommunizieren müssen.


2. Sicherheit und Datenschutz gewährleisten

2.1. Risiken verstehen

Sicherheit und Vertraulichkeit haben oberste Priorität, wenn KI in Finanzprozesse integriert wird. Die Referenten gingen auf zentrale Risiken ein, die mit generativen KI-Modellen verbunden sind – darunter Fehler, sogenannte „Halluzinationen“ (also falsche, aber plausibel klingende Antworten) und die potenzielle Offenlegung sensibler Daten. Anne-Claire Chanvin betonte: „Es ist wichtig, dass immer ein Mensch die Ergebnisse prüft – und eine gesunde Skepsis mitbringt, so wie bei einem neuen Mitarbeiter.“

Im Webinar wurden mehrere Best Practices vorgestellt, um vertrauliche Finanzdaten zu schützen:

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    Nutzung unternehmensgerechter KI-Tools wie Copilot (Microsoft) oder Gemini (Google), die den internen Datenschutzstandards entsprechen.

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    Deaktivieren der Datennutzung zu Trainingszwecken, insbesondere bei frei zugänglichen oder nicht unternehmensgebundenen Tools.

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    Anonymisierung von Daten, wann immer möglich – vor allem bei der Nutzung externer oder kostenloser KI-Dienste.

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    Verzicht auf sensible Informationen bei Prompts und stattdessen Verwendung generischer Beispiele, etwa bei Brainstormings oder der Automatisierung einfacher Prozesse.

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    Klare interne Richtlinien zur KI-Nutzung definieren, kommunizieren und sicherstellen, dass alle Teammitglieder entsprechend geschult sind.

Nur durch ein hohes Maß an Sicherheitsbewusstsein und klare Prozesse lässt sich das Potenzial der KI verantwortungsvoll im Finanzbereich nutzen.


2.2. Die Rolle menschlicher Kontrolle

Trotz aller Fortschritte bleibt die menschliche Kontrolle beim Einsatz von KI im Finanzbereich unerlässlich. Finanzverantwortliche müssen die Ergebnisse von KI-Anwendungen stets prüfen – insbesondere bei regulatorischen Themen oder finanzkritischen Entscheidungen. Dieses duale Vorgehen – Effizienzgewinne durch KI kombiniert mit sorgfältiger menschlicher Kontrolle – ermöglicht Innovation, ohne die Einhaltung von Vorschriften zu gefährden.

Zum einen dient die menschliche Kontrolle als Schutzmechanismus gegen Fehler und sogenannte „Halluzinationen“ – also KI-generierte Inhalte, die zwar plausibel erscheinen, aber inhaltlich falsch oder irreführend sind. Selbst mit gut formulierten Prompts und leistungsfähigen Modellen kann es passieren, dass die KI Kontexte falsch interpretiert, wichtige Nuancen übersieht oder Schlussfolgerungen zieht, die nicht mit unternehmensinternen Richtlinien oder gesetzlichen Vorgaben übereinstimmen. Der prüfende Blick eines Finanzexperten stellt sicher, dass die Ergebnisse nicht nur fachlich korrekt, sondern auch kontextuell stimmig und strategisch sinnvoll sind.

Zum anderen ist die menschliche Validierung entscheidend für Compliance und Nachvollziehbarkeit. Finanzberichte, regulatorische Meldungen und interne Kontrollen erfordern ein Maß an Präzision und Dokumentation, das KI allein nicht leisten kann. Durch die systematische Prüfung von KI-generierten Analysen, Reports oder Empfehlungen stellen Finanzteams sicher, dass alle Inhalte den internen Standards und externen Anforderungen entsprechen – und minimieren so das Risiko von Verstößen oder Reputationsschäden.

Darüber hinaus trägt die menschliche Aufsicht zur kontinuierlichen Verbesserung der KI-Nutzung bei. Durch die Analyse von Schwächen oder Abweichungen in den Ergebnissen lassen sich Prompts gezielt weiterentwickeln, der Kontext besser definieren und das Verständnis für die Funktionsweise der KI vertiefen. Dieser iterative Lernprozess verbessert nicht nur die Qualität der Resultate, sondern stärkt auch das Vertrauen und die Kompetenz im Umgang mit KI innerhalb des Unternehmens.



3. Praxisnahe Anwendungsfälle für KI im Finanzwesen

3.1. Kommunikation und Dokumentation

KI kann die Kommunikation innerhalb von Finanzteams erheblich verbessern. Zu den typischen Anwendungsfällen gehören das Verfassen von Memos, Verfahrensdokumentationen und Berichten, das Beantworten von E-Mails, das Übersetzen von Dokumenten sowie das Zusammenfassen umfangreicher Verträge. Tools wie Copilot oder Gemini automatisieren diese Aufgaben und schaffen Freiräume für strategischere Tätigkeiten.

3.2. Analysen und strategische Entscheidungsfindung

KI unterstützt bei fortgeschrittenen Analysen und der Finanzplanung – von der Ideensammlung für Investitionsentscheidungen bis hin zur Modellierung finanzieller Szenarien. So kann die KI etwa helfen, Leasing- und Kaufoptionen zu vergleichen, Wachstumschancen im Umsatz zu identifizieren oder Finanzierungspläne für neue Projekte zu modellieren. Besonders spannend ist dabei die Integration von Python-Code in Excel, mit dem Prognosen und Modelle noch präziser erstellt werden können.

3.3. Training, Support und Prozessautomatisierung

KI kann als virtueller Assistent dienen – sei es für Schulungszwecke, zur Unterstützung bei unbekannter Software oder Prozessen oder zur Verbesserung der Sprachkenntnisse im internationalen Finanzumfeld. Darüber hinaus lassen sich Routineaufgaben automatisieren: etwa das Anlegen von Alerts in Tabellen, die Optimierung von Follow-up-Prozessen bei Kunden, das Erstellen von Präsentationen für das Management oder das Generieren von Checklisten für den Monatsabschluss oder interne Audits.

3.4. Intelligentes Reporting und Dashboards

Kelly Roussel, KI-Ingenieurin bei Agicap, präsentierte die neuesten KI-gestützten Dashboard-Funktionen von Agicap. „Die Idee ist, unser bestehendes Dashboard mit KI anzureichern, sodass Nutzer per natürlicher Sprache direkt Diagramme und Tabellen erstellen können“, erklärte sie. Diese Innovation ermöglicht es Finanzteams, individuelle Reports und Visualisierungen mühelos zu generieren – die KI greift dabei auf alle relevanten Daten zu und führt komplexe Berechnungen auf Abruf aus.



Fazit

Das Agicap-Webinar bot einen umfassenden Überblick darüber, wie Künstliche Intelligenz effektiv und sicher in Finanzabteilungen integriert werden kann. Zu den wichtigsten Erkenntnissen zählen:

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    Die Bedeutung strukturierter, kontextreicher Prompts zur Maximierung der KI-Leistung

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    Die Notwendigkeit iterativer Verbesserung und menschlicher Kontrolle

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    Best Practices für Datensicherheit und Vertraulichkeit

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    Vielfältige Praxisanwendungen – von Kommunikation über Analyse bis hin zur Automatisierung

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    Agicaps Engagement für Innovation mit neuen, KI-gestützten Funktionen zur Vereinfachung des Finanzmanagements


Finanzverantwortliche sind aufgerufen,

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    ihre internen Richtlinien zur KI-Nutzung zu überprüfen und zu aktualisieren,

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    ihre Teams im Umgang mit Prompt Engineering und Datenschutz zu schulen

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    und KI-gestützte Tools gezielt für operative wie strategische Aufgaben zu testen.


Die Integration von KI ins Finanzwesen ist längst kein reines Technologieprojekt mehr – sie ist ein strategischer Imperativ für mittelständische Unternehmen, die wettbewerbsfähig und agil bleiben wollen. Wie das Webinar gezeigt hat, können durch den gezielten Einsatz von Prompt Engineering, Sicherheitsmaßnahmen und praxisnahen Anwendungsfällen enorme Effizienz- und Erkenntnisgewinne erzielt werden.


Wie Finanzverantwortliche während der Paneldiskussion „The Treasury Department in 2030“ betonten, ist der souveräne Umgang mit KI inzwischen eine Schlüsselkompetenz – genauso wie einst Excel.

Wir laden Sie ein, die KI-gestützten Lösungen von Agicap zu testen und Ihr Finanzmanagement auf das nächste Level zu bringen.

Denn wie im Webinar gesagt wurde: „Dieses Thema entwickelt sich täglich weiter … was wir heute vorgestellt haben, kann in sechs Monaten schon ganz anders aussehen.“

Replay des Webinars ansehen (auf Französisch)



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